Das Auftauchen der Kreiszahl π (Pi) in der Großen Pyramide ist meines Wissens nach der Ausgangspunkt der Zahlenmysterien, das älteste aller vermeintlichen Rätsel. Es wurde bereits 1854 veröffentlicht und ist bis zur heutigen Zeit zentraler Punkt aller Zahlenmysterien geblieben. Obwohl auch hier ein Wandel der Argumentation stattfand.
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π ist eigentlich nicht geheimnisvolles. π ist einfach die Zahl, mit der man den Durchmesser eines Kreises multiplizieren muss, um seinen Umfang zu erhalten. Sein Wert ist ungefähr 3,1416. Daher hat jeder, der etwas mit runden Formen wie Brunnen uns Säulen zu tun hat, auch etwas mit π zu tun. Der ungefähre Wert von π kann durch einfache Experimente ermittelt werden. Nimmt man ein Rad mit einem Meter Durchmesser und rollt dies genau einmal ab, erhält man eine zurückgelegte Rollstrecke von 3.14undnochwas Metern.
Hier haben wir bereits das erste Problem, denn aus Fachveröffentlichungen können wir entnehmen, daß die Ägypter noch lange nach der Pyramidenzeit einen anderen "Wert" für π verwendeten. Dem "Mathematischen Papyrus Rhind" (MPR) aus dem mittleren Reich kann man entnehmen, daß sie die Näherung 256/81 = 3,1605 benutzten[1]. Das reichte für die Alltagsaufgaben der Ägypter aus.
Ich habe gerade 'Wert' in Anführungszeichen geschrieben, und das hat seinen guten Grund. Die intellektuelle Leistung bei π ist nicht das Herausfinden des Zahlenwertes, sondern des Prinzips. Nämlich daß es für das Verhältnis von Umfang zu Radius eines Kreises und für Fläche zu Radius ein einziger konstanter Zahlenwert ausschlaggebend ist, eben π. Der Umfang eines Kreises ist 2 x π x Radius, und die Fläche ist π x Radius2. Daß man mit dieser einen einzigen Konstante alle Kreisberechnungen anpacken kann, DAS ist das π-Prinzip.
Und genau das wussten die Ägypter nicht. Im MPR befinden sich drei Aufgaben, in denen sich die ägyptischen Lehrmeister mit Kreisberechnungen auseinandersetzen. In einem (Aufgabe 43) wird der Inhalt eines tonnenförmigen Getreidesilos ausgerechnet, Aufgabe 48 widmet sich des Vergleichs der Fläche eines Quadrats mit Seitenlänge X mit der Fläche eines Kreises mit Durchmesser X, und Aufgabe 50 letztlich beschreibt die Methode, wie Ägypter die Fläche eines Kreises berechneten. Die Anweisung ist höchst aufschlussreich. Sie bezieht sich im Rechenbeispiel der Aufgabe auf einen Kreis mit dem Durchmesser von 9 Einheiten:
"Nimm 1/9 weg vom Durchmesser, das ist hier 1;
Der Rest ist 8;
Multipliziere 8 mit 8;
Das ist 64;
Daher enthält er (der Kreis, FD) 64 Setat an Land."[2]
Auch die anderen Kreisbeispiele nennen diesen Algorithmus, der aus prinzipiell drei Teilen besteht (Dividiere Durchmesser durch neun, multipliziere mit 8, multipliziere Ergebnis mit sich selbst), und geben exemplarisch die Lösungen für verschiedene Durchmesser an.
Daraus wird klar, daß die Ägypter das Prinzip von π, nämlich eine Konstante, mit der man alle Aufgaben für alle Kreisdurchmesser lösen kann, nicht kannten.
Der von mir und in diverser Literatur angegebene "Wert" des ägyptischen π ergibt sich nur nach Auflösung der Formel auf einem Einheitskreis und Anwendung der daraus gewonnenen Konstanten, ein Weg den die Ägypter nachweislich niemals gegangen sind.
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Der Vergleich zwischen der Theorie der Kreisberechnung und der von den Ägyptern verwendeten Methode lässt uns in einem Dilemma zurück. Man findet π da, wo es keinen Sinn ergibt (in rechteckigen Gebäuden), während dort, wo man es erwarten sollte - bei Kreisberechnungen eben - nicht die Spur von π gibt. Ja, noch nicht mal die Spur davon, daß die Ägypter das Grundprinzip einer Kreiszahl gekannt haben, geschweige denn deren ungefähre Größe. Um es mit Erich von Däniken zu sagen: Da passt was nicht zusammen.
Nun gibt es drei unterschiedliche Schulen von Zahlenmystikern, die das in unterschiedlichem Umfang juckt:
Aber auch die Anhänger einer göttlichen oder außerirdischen Pyramide haben Probleme, da die Große Pyramide nicht die einzige mit diesem Feature ist. Insgesamt 10 große Pyramiden in Ägypten, die man bisher genau genug rekonstruieren konnte, beinhalten diese Konstante. Gut, mit all den Pyramiden die nachweislich nach Cheops kommen (die letzte mit diesem geheimnisvollen Zahlenwert gehört zu den letzten jemals gebauten großen Pyramiden, es ist die Pyramiden von Amenemhet III aus der 12. Dynastie - 1000 Jahre nach Cheops!) hat man wenig Probleme - es sind halt sinnentleerte Nachempfindungen. Was dann aber nicht erklärt, warum nicht alle Pyramiden π enthalten!
Ein noch größeres Problem ist aber die allererste jemals gebaute echte Pyramide in Meidum, weit vor Cheops, die ebenfalls genau diesen Wert enthält! Damit ist dieses Maß zweifelsfrei weder göttlich noch außerirdisch.
Der pathetische Ausweg, den die Anhänger der erste beiden π-Jünger-Klassen wählen ist daher das bereits bekannte "Die Cheopspyramide ist eben älter als alle anderen" - was aber aufgrund der auf den vorherigen Seiten bereits besprochenen Fakten aber unmöglich ist.
Schauen wir uns jetzt endlich einmal die eigentliche π-Definition von John Taylor an. Er veröffentlichte sie 1854[4], und sie wurde durch den schottischen Astronomen Piazzi Smyth 1864 aufs trefflichste bestätigt. Diese hatten mehr oder weniger intuitiv ermittelt, daß
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Das wäre ein wirklich phantastisch genauer Wert! Nur: Taylor's und Smyths Schätzungen zu den Pyramidenmaßen wurden bereits vor 120 Jahren von der Wirklichkeit überholt. Die Messungen des "Vaters der Ägyptologie" Flinders Petrie von 1880, die seitdem mit minimalen Korrekturen bestätigt wurden ergaben, daß die Pyramide ca. 2.5 Meter schmaler und 1.6 m niedriger ist als damals angenommen. Mit den realen Maßen der Pyramide - Basisbreite 230,36 Meter, Höhe 146,59 Meter - sind die Resultate längst nicht mehr so spektakulär: der "moderne" π-Wert von 3,142916 hat ein Fehler bereits in der 3. Stelle! Erich von Däniken selbst gab aber noch noch 1989 den seit da bereits seit 110 Jahren widerlegten π-Wert von 3.1416 an[5] - wie ich schon des öfteren feststellte: die Müühlen der PS mahlen seeeeeehr langsam, was "moderne" Erkenntnisse angeht. Tipp an Herrn v.D: EIn Taschenrechner, mit der man sowas mal eben schnell überprüfen kann, ist eine durchaus sinnvolle Investition :-)
Eine π-Näherung in dieser Genauigkeit ist nichts besonderes. Mein Arbeitszimmer ist z.B. 3.95 m breit und 2.51 m hoch - nach der Pyramidengleichung erhalte ich bereits einen Wert von 3,1474, fast genauso exakt wie in der Pyramide (und dabei habe ich noch nicht einmal die Millimeter genau gemessen). Messen Sie selbst mal ihre Umgebung aus: was dort für numerische Rätsel zu finden sind, ist oft höchst erstaunlich! Die Nachfahren der Pyramidenerbauer haben ihre Finger inzwischen wohl überall drinstecken ;-)
Dennoch eine Zufallserklärung für π unbefriedigend, da dieser Wert (und wirklich praktisch genau dieser Wert) in mehren Pyramiden auftaucht. Das kann kein Zufall sein, hat es vielleicht doch einen tieferliegenden Sinn, warum die Ägypter ausgerechnet diesen π-nahen Neigungswinkel gewählt haben?
Einige "Rationalisten" schufen in den 60er Jahren eine Pseudolösung, die leider mehr Probleme bereitet als sie lösen kann: Die Rollelle[6]. Die Ägypter hätten, man staune, lange Strecken nicht mit Seilen vermessen, sondern mit einer Trommel von Ellendurchmesser, deren Umdrehungen gezählt wurden. Die Höhe wurde durch Aufstapeln der Trommeln (oder, sinnvoller, mit Ellenstäben) bestimmt. Und schon hat man π zwangsläufig in der Pyramide!
Dummerweise wurden die Ägypter von ihren Nachbarvölkern aber "Seilschlinger" und nicht "Trommeldreher" genannt - wegen ihrer Methoden, mit Seildreiecken große Ländereien zu vermessen. Auch sonst gibt es keinerlei Funde, die eine Trommel zur Vermessung belegen, dagegen viele Seilberechnungs-Aufgaben. Und außerdem vergrößert die Trommel die Probleme.
Wenn die Baumeister π nicht gekannt hätten, und wenn sie all ihre Planungen mit ihrem damaligen Umrechnungsfaktor von Umfang zu Durchmesser durchgeführt hätten, müßte Ägypten voll von grandiosen Bauruinen sein. Denn keine Planung hätte funktionieren können. Anstatt geplanter 440 Ellen (für die man die Ellentrommel 139 1/4-mal abgerollt hätte) wäre die Große Pyramide nur 437,5 Ellen breit gewesen. Gut, hätte man alle Dinge per Trommel gemessen wäre das sicherlich nicht aufgefallen, aber Conolly und Mendelssohn erklärten die nicht-Nachweisbarkeit der Ellentrommel damit, daß nur Langstreckenmessungen damit durchgeführt wurden, während für die überwiegende Zahl der "normalen" Messung die nachgewiesene Seilmethode benutzt wurde.
Das hätte aber überall zu Kollisionen führen müssen, wo Seil- und Rollmethode aufeinanderstießen. Zum Beispiel wo der seilvermessene Totentempel mit der rollgemessenen Temenos(Pyramiden-Umfassungs-)mauer zusammenstieß. Auf der Länge der halben Mauer hätte sich der Roll-Fehler zum Beispiel auf 17 Ellen oder über 8 Meter(!) aufsummiert - etwas was den Ägyptern sicher nicht verborgen geblieben wäre. Die Verwendung dieser Methode parallel zur von den Ägyptern selbst dokumentierten Seilmethode hätte geradezu zwangsläufig zur Entdeckung eines genaueren Wertes für π geführt.
Außerdem: Wenn π bei dem Messverfahren so zwangsläufig in die Pyramiden kommt wie behauptet, warum enthalten denn dann nicht alle Pyramiden π? Die beiden Nachbarpyramiden von Cheops haben Seiten/Höhenverhältnisse von 1:3,000 (Chephren) bzw. 1:3,26 (Mykerinos), keine Spur von π. Hier haben Mendelssohn und Conolly dieselben Probleme wie die Nachbau-Anhänger der UFO- oder Gottespyramiden. Nein, das ist keine Lösung.
Winkel |
Die Lösung des Problems ist relativ einfach, obwohl wir dazu einige Vorbetrachtungen zum ägyptischen Maß- und Zahlensystem anstellen müssen. Danach ist die Erklärung aber so klar daß man sich fragt, warum es überhaupt noch ein π-Geheimnis gibt!
Die Verwendung von "Winkeln" ist so in unsere Kultur eingegangen, daß wir uns andere Methoden gar nicht vorstellen können. Bei der Winkelmessung messen wir die Neigung zweier Linien zueinander auf einem in 360 geteilten gedachten Kreis. Diese Methode wurde in Mesopotamien erfunden - und hat nie ihren Weg nach Ägypten gefunden!
Viele andere Völker, so auch die Ägypter, maßen Steigungen. Sie ermittelten, auf wieviel Ellen horizontale Strecke wieviele Finger, Hände oder Ellen Höhe überwunden wurde! Das funktioniert ähnlich wie die Gefälleanzeige auf unseren Straßenschildern: 18% Gefälle bedeutet einen Höhenunterschied von 18 Metern auf 100 m horizontaler Strecke.
Zudem hatten die Ägypter einige mathematische Einschränkungen:
Die Ägypter waren glücklicherweise so freundlich, uns etliche Rechenaufgaben zu hinterlassen, in denen sie Dreiecke (Papyrus Rhind, Aufgabe 51, 52) und sogar Pyramidenstümpfe (Moskauer Papyrus, Aufgabe 28)[7] berechneten. Daraus ersichtlich ist, daß sie praktisch ausschließlich mit rechtwinkligen Dreiecken rechneten, deren Grundseite und Höhe sie in glatten Werten, Elle oder Rute (Chet = 100 Ellen) angaben. Und zwar immer in der Form "Zur Grundseite von x Ellen sei eine Höhe von n Ellen". Böschungen wurden üblicherweise in der Form "n Ellen Weg zur Elle Steigung" angegeben.
Auch die Pyramide ist eine "Böschung", aber eine die steiler ist als die steilste so konstruierbare Steigung (eine Elle Weg auf eine Elle Höhe = 45). Daher mußte der "Weg" auf die nächst "kleinere" Einheit umgeschaltet werden: n Handbreit oder sogar n Finger Weg zur Elle Höhe. So entspricht "3 Hände Weg zur Elle Höhe" genau der Steigung der Chephrenpyamide! Die daneben liegende Cheopspyramide hingegen wurde genau im Verhältnis "5 Hände plus 2 Finger zur Elle" oder 22 Finger zur Elle (22:1) gebaut!
Mit diesem Messverfahren können genau 28 Winkel von Fingern zu einer Elle konstruiert werden, zwischen "1 Finger auf die Elle" bis "28 Finger zur Elle". Natürlich wurden auch flachere Böschungen konstruiert, die Gänge in den Pyramiden sind zum Beispiel alle im Bereich zwischen 45 und 56 Fingern zur Elle angelegt, und auch Zwischensteigungen, bei denen dann der Weg zu 2 Ellen Höhe genommen wurde, sind bekannt.
Und nun der Clou: eine Böschung mit 22 Fingern zur Elle ergibt mit der obigen π-Formel "doppelte Pyramidengrundseite (= 4 Steigungsgrundseiten) durch Höhe" genau 88/28 = 3.142857. Dies ist eine π-Näherung, wenn auch vom Baumeister nicht beabsichtigt! Es sei denn, man geht davon aus, daß die Ägypter ihr Maßsystem so geschaffen haben, daß ein Verhältnis von 22 Fingern zur Elle π ergibt - aber diese These überlassen wir doch lieber den Weltverschwörern :-)
Au weh, wie so oft bin ich von der Realität rechts überholt worden... Bei einer aktuellen Diskussion auf dem Maat-Messageboard, bei der einige Alternologen unbedingt die π-Kenntnisse der alten Ägypter beweisen wollten, kam ein Schreiber auf die Idee, daß nicht die Pyramiden nach Böschungsverhältnissen gebaut wurden, sondern daß die Maße (Elle, Hand, Finger) im MPR anhand der bereits gebauten Pyramiden "erfunden" wurden, und so Elle und Finger ein Zeichen von π wären...
Lassen wir diese skurrile Idee aber mal beiseite. Wenn wir nachweisen können, daß die Große Pyramide mit ihrem Böschungsverhältnis näher an 1:22 als an π liegt, wäre das eigentlich der ultimative Gegenbeweis. Kurz nachrechnen:
Die Pyramide liefert einen "π"-Wert von 3,142916 (s. oben), Steigung 22:1 = 3,142857 -> Fehler 0,000059.
π = 3,141593 -> Fehler 0,00132364. Die Pyramide liegt mehr als 20 mal genauer am 1:22-Verhältnis als an π!
Bleibt noch die Frage, warum ausgerechnet diese Steigung. War den Baumeistern vielleicht bekannt, daß 1:22 nahe an π liegt und gaben sie uns daher dennoch ein Zeichen?
Wohl auch weniger. Auch wenn wir immer noch nicht genau wissen, welche Symbolik hinter der Pyramide steht, so bauten die Ägypter seit dem Auftauchen der ersten Stufenmastabas alle ihre monumentalen Grabbauten mit Steigungen zwischen 45 und 55 Grad. Dies entspricht Steigungen zwischen 1:20 und 1:28. Dabei ist ein Drang zu immer steileren Bauten zu beobachten, so war die allererste Großpyramide, die Djoser-Stufenmastaba, bereits im 1:25-Verhältnis gebaut, was bis auf die rote Pyramide in Dahschur nicht mehr unterboten wurde. Die weiteren Stufenpyramiden wurden offensichtlich im 1:24-Verhältnis angelegt, die erste "echte" Pyramide in Meidum schon im Cheops-Maß 1:22. Die Nachfolgepyramide in Dahschur wurde unten im noch steileren 1:21 begonnen - und mußte wegen eventueller Bausenkungen im oberen Drittel "korrigiert" werden. Alle Folgebauten der 3. Snofru-Pyramide wurden bis hinein in die 12. Dynastie in den Verhältnissen 1:22 bis 1:20 gebaut, mit einer deutlichen Häufung der steileren 1:21- und 1:20-Bauwerken.
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Hier sind drei Neigungswinkel abgebildet, es ist deutlich zu erkennen, daß die beiden Hauptmaße um 1:22 herum den ästhetischsten und dynamischsten Eindruck liefern. Steilere Bauten als 1:20 waren wahrscheinlich technisch nicht machbar, und flachere Bauten wirken "schlapp". Die ästhetischste Pyramide auf dem Giza-Plateau ist zum Beispiel deutlich die steilere von Chephren.
Ich glaube, damit ist hinreichend dargelegt, daß in der Cheopspyramide keine bewusste π-Codierung zu finden ist, sondern lediglich Artefakte des Maßsystems der Ägypter. Und somit fallen die Rätsel (7a), (8a) und (12) flach. Wo kein π bewusst hineingesteckt wurde, kann man auch keine π-Formeln herausholen.
Damit sind nun 7 der ursprünglichen 19 "Rätsel" widerlegt worden, langsam wird es eng...
Speziell, weil man zwei weitere Pyramidenrätsel noch im Vorübergehen erledigen kann: So soll laut Rätsel (8b) die Pyramide das Denkmal für die Quadratur des Kreises sein. Darunter versteht man aber die unmögliche geometrische Konstruktion eines zu einem gegebenen Kreis flächengroßes Quadrat nur mit Zirkel und Lineal. Und damit hat die große Pyramide, π hin oder her, nun wirklich überhaupt nichts zu tun!
Und Rätsel (14), die Erddarstellung der Pyramide, kann man mit EvD's eigenen Werten widerlegen. So soll der Pyramidenumfang von 4 x 230,38 Metern den Äquatorumfang von 40076,592 Kilometern darstellen, der durch die Höhe repräsentierte Polradius hingegen soll (nach der Formel Umfang = 2 x π x Radius) den Polarumfang der Erde von 40009,153 ergeben. Beide Umfänge unterscheiden sich um 67 Kilometer. EvD's eigene Zahlen eingesetzt ergibt aber:
Ein weiterer Zahlenwert, den EvD einfach abschrieb ohne ihn jemals zu überprüfen - darauf vertrauend, daß es auch keiner seiner Leser macht?
Interessanterweise hat Däniken hier allerdings völlig veraltete Werte verwendet. Moderne Messwerte geben den Äquatorradius mit 6378,140 km ( Umfang = 40075 km ), und den Polradius mit 6356,775 km ( Umfang = 39941 km) an[8], was sogar eine Umfangsdifferenz von 134 km ergibt, doppelt so groß wie bei Dänikens Werten. Ein Schelm wer böses dabei denkt :-)
Das "Rätsel" kursiert aber in der alternativen Literatur auch in anderer Form. Danach soll die Pyramide ein "Modell der Erdnordhalbkugel im Maßstab 1:43200" sein[9]. Setzt man die Pyramide so in einen Kreis, daß entweder die Seitenmittelpunkte auf dem Kreisradius liegen, oder die Eckpunkte (die Autoren, bei denen ich das "Rätsel" sah waren sich da nicht ganz einig :-) ), soll die Höhe wiederum den Polradius wiederspiegeln. Auch das lässt sich mit wenigen Tastendrücken auf einem Taschenrechner überprüfen. Beide Modelle arbeiten mit Radiusverhältnissen, einmal mit der Basisbreite, einmal mit der Flächendiagonale als Äquatordurchmesser, und jeweils der Höhe als Polradius. Aus den oben angegebenen modernen Werten erhalten wir für Äquatorradius / Polradius den Wert von 1,00336. Schauen wir nun nach den Werten der beiden Modelle:
Auch diese beiden Vorschläge für das irdische Giza-Modell funktionieren nicht. Das ergibt daher einen Stand von nur noch 10:9 für die Pyramidenrätsel!
Anmerkungen: | |
[1] | Lehmann, Johannes; So rechneten Ägypter und Babylonier, Urania 1994, S. 48 f |
[2] | Gillings, Richard J.; Mathematics in the time of the Pharaos, MIT Press 1972, S. 139 ff |
[3] | ibd. S. 140 |
[4] | Taylor, John; The great Pyramid, who built it and why, London 1854 |
[5] | Däniken; Sphinx, S. 155 |
[6] | Erdacht von einem Elektro-Ingenieur Conelly, einem breiten Publikum bekannt gemacht in Kurt Mendelssohns Buch Das Geheimnis der Pyramiden, einem Millionenpublikum in Deutschland als Lösung aller Lösungen präsentiert vom Fernsehprofessor Hoimar von Dithfurt in der Sendereihe "Querschnitte" |
[7] | Alle Beispiele sind im Original, übersetzt und mit Lösung bei Lehmann zu finden |
[8] | Lang/Whitney; Planeten, S. 370 |
[9] | z.B in Hancock, Graham; Fingerprints of the Gods, S. 178 ff |
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