Spaßige Thesen
Die Seite beschäftigt sich fast durchgehend ersthaft mit vorgebrachten Thesen aus der alternativen Geschichte. Aber einige Themen sind so abgedreht oder so offenkundig falsch, daß eine ernsthafte Beschäftigung mit ihnen kaum möglich ist. Diese (und andere schnell zu lösende) "Geheimnisse" werden in dieser Rubrik zusammengefasst. Vermengt mit einigen frei erfundenen Spaßbeiträgen meinerseits :-)
Mal sehen, ob Sie diese erkennen :-)
30-Sekunden-Rätsel
So habe ich scherzhaft einen Typ vermeintlicher Rätsel bezeichnet, weil man höchstens so lange braucht, um die Lösung in geeigneter Fachliteratur nachschlagen zu können. Daß diese Rätsel in vielen Büchern der alternativen geschichtsforscher teilweise noch Jahrzehnte nach Veröffentlichung der Lösung als Mysterium verbreitet wird zeugt entweder von mangelndem Recherchetrieb, bitterer Ignoranz oder Unbelehrbarkeit (vielleicht gepaart mit Geschäftssinn...)
Verblüffend sind speziell "Mysterien" die von den Autoren mit Literatur oder Bildern belegt werden - die aber ganz etwas anderes sagt! Zum Beipiel:
- Tiwanakus seltsame Wasserleitungen: In Tiwanaku soll es rätselhafte Wasserleitungen geben, die alle auf den Kopf stehend verlegt wurden. Dies behauptet Erich von Däniken und belegt das mit Bildern in seinen Büchern Zurück zu den Sternen und Besucher aus dem Kosmos. Die Teile können daher keine Wasserleitungen gewesen sein, sondern vielleicht Kabelschächte.
Fakt ist, daß die Leitungen unterirdisch verlegt waren. Eine unterirdische Wasserleitung muss aber zwangsläufig ein Unter- UND ein Oberteil haben. Die paar Bilder die Däniken in Zurück zu den Sternen veröffentlichte[ 1 ] lassen leider kein Urteil zu, ob es dort Unterteile gab oder nicht.Das deutlichste Bild (rechts unten in seinem Tafelteil) zeigt leider nur ein lose herumliegendes Teilstück. Stattdessen ist aber rechts oben ein mit der Öffnung nach oben leigendes Element zu sehen.
Ein Bild eines angeblichen in-situ-Oberteils in Besucher aus dem Kosmos[ 2 ] (Abb. 58) sieht seltsam aus - klar, wie man an einem kleinen Grasbüschel rechts oben sieht, wurde das Bild auf der Seite liegend abgebildet - es zeigt ebenfalls nur ein Unterteil. Ich konnte bislang keinen Bildbeweis eines einzeln verlegten Oberteils finden, nur Behauptungen, dumme Wissenschaftler würden die Oberteile bei der Restauration Tiwanakus falsch herum (also richtig herum :-) ) verlegen...
- Petries plötzlicher Pyramiden-Tod: Der bekannte Pyramidenmystiker Erdogan Ercivan versucht die Existenz von Pyramidenkräfte mit einer dramatischen Geschichte einzuleiten: In seinem Sternentor der Pyramiden erfahren wir, daß der große Ägyptologe Sir William Flinders Petrie am 28. Juli 1942 völlig unerwartet von der Rückreise von Kairo nach Jerusalem gestorben sei. Sein unerwarteter, früher Tod (sowie 2 weitere Ereignisse die ich nicht weiter recherchiert habe) sei Ursache dafür, daß sich kein Staatsoberhaupt traue, die Pyramide zu betreten.[ 3 ]
In der offiziellen Biografie[ 4 ], die bei Erscheinen des Ercivan-Werks schon 10 Jahre erhältlich war, erfährt man dazu allerdings, daß Petrie am 26. Oktober 1940 in Jerusalem einen Malaria-Anfall hatte, der Petrie, zu schwach zum Laufen, für den Rest seiner Tage im Krankenhaus festhielt, bis er am 29 Juli 1942 um 4 Uhr Morgens im zarten Alter von 89 Jahren(!) verstarb. Nichts aber auch gar nichts in Ercivans Geschichte stimmt - noch nicht einmal das Sterbedatum!
Zur Rede gestellt fühlte sich der Autor missverstanden und unschuldig, denn er habe die Geschichte ja nur nach bestem Wissen und Gewissen abgeschrieben. Aus einem in der Szene einschlägig bekannten und berüchtigtem Phantasiebuch des Autors Vandenberg - den Ercivan schamhaft in seinem Literatur- und Quellenverzeichnis verschweigt. Er wird schon wissen, warum :-)
In der Tat zeigte eine Überprüfung meinerseits, daß Ercivan seitenweise einfach Passagen aus diesem Buch wortwörtlich abgepinnt hat. Und das nicht nur zu diesem Thema![ 5 ]
- Der 8700 Jahre alte Tempel Der Autor Erdogan Ercivan hat sich durch seine kreative Quellenauslegung, die er im Mai/Juni 2000 auf dem Diskussionsforum von Thomas Fuss nachdrücklich bewies, zu meinem "Lieblings"-PSler entwickelt. So verkündete er, der Archäologe Dreyer habe die ältesten Inschriften der Welt im ältesten Tempel der Welt gefunden, der 8700 Jahre alt sei und 72 km südlich von Abu Simbel gefunden worden sei. Wow. All dies sei nachzulesen in seinem Buch "Verbotenen Ägyptologie".
Die Realität sieht anders aus, denn Günther Dreyer buddelt seit 20 Jahren in Abydos. Und fand dort im Frühjahr 99 tatsächlich die ältesten phonetischen Inschriften der Welt - auf Tonziegel geritzt. Und nur 5200 Jahre alt. 72 km südlich von Abu Simbel liegt Nabta Playa, eine Steinzeitfundstätte, in der vor einiger Zeit ein 6000 bis 6500 Jahre alter Steinkreis gefunden wurde - Ercivans "8700 Jahre alter Tempel"? Aber ein Steinkreis ist kein Tempel, und er weist auch keine Inschriften. Der älteste Tempel Ägyptens hingegen wurde im Ostdelta bei Tel Ibrahim Awad gefunden und wird auf 3100 v. Chr. datiert. All diese drei völlig zusammenhanglose Quellen aus Orten die über 1000 km auseinanderliegen werden zu einem Beweisblock zusammengefügt. Für den keine weitere Belege mehr genannt wurden.
Ignorierte Rätsel
Diese gehören ebenfalls in die 30-Sekunden-Sparte. Mit einer schnellen Internetanbindung ist man oft sogar noch schneller :-)
Kernaussage dieser "Rätsel" ist, daß unerklärbare Geheimnisse dieser Welt von "der Wissenschaft" einfach ignoriert werden. Keine Fachliteratur sei verfügbar, da die Wissenschaft vor diesen Rätseln längst kapituliert habe. Wie zum Beispiel
- Die Michigan-Bibel: Damit bezeichnet der Autor Walter Jörg Langbein Steintafeln, die im letzten Jahrhundert gefunden und mit seltsamen, an ägyptische Hieroglyphen erinnernde Schriftzeichen bemalt gewesen sein sollen. Aber verschollen seien sie alle, und Besprechungen darüber gäbe es nicht. Bei der Probe aufs Exempel war mein Kollege Rainer live dabei - Internet angeworfen, ein paar passende Suchbegriffe aus Langbeins Bevor die Sintflut kam[ 6 ] eingegeben, und schwupps - 20 Sekunden später hatte ich mehrere 100 Webhits. Mit Bildern, Beschreibungen, Besprechungen, Verweisen auf weiterführende Literatur. Die es ja eigentlich gar nicht geben sollte... Ach ja, mit ägyptischen Hieroglyphen haben die dort abgebildeten Zeichen nichts, aber auch gar nichts zu tun.
- Die versunkenen Pyramiden von Rock Lake ...sind ein weiteres Beispiel von Langbein[ 7 ]. 12000 Jahre alt (da zu der Zeit der See auf dessen Grund sie stehen vollief), und von allen Wissenschaftlern ignoriert fand ich nach wenigen Minuten ebenfalls Besprechungen über Besprechungen, und natürlich auch Literatur, die teilweise sogar über Amazon.de zu beziehen ist. Und mit dem ersten bei mir eingetroffenen Buch[ 7 ] zerplatzte auch gleich diese Story - denn erst zu Zeiten als sich die ersten europäischen Siedler dort niederließen lief das Tal langsam voll und verwandelte sich zu einem See, nicht vor 12000 Jahren!! Die ältesten Strukturen sind offensichtlich Reste von Kupferminen, die um 1200 v. Chr. ausgebeutet wurden, die Mehrzahl der Bauten hingegen stammt aus der Zeit zwischen dem 12. und 14. JH unserer Zeitrechnung.
- Das vergessene Tiwanaku (Tiahuanaco) Es soll das Paradebeispiel für "vergessene Stätten" sein - kein Fetzen Fachliteratur gäbe es über dieses Rätsel und das noch viel größere in Puma Punko.
Seltsam, denn alleine im Internet sind komplette wissenschaftliche Arbeiten über Tiwanaku zu finden. Und es dauerte nur wenige Tage, bis die ersten Bücher zu dem Thema bei mir eintrafen. Die es ja eigentlich nicht geben darf. Und die im Literaturverzeichnis Verweise auf Hunderte andere (nicht existente?) Publikationen zu dem Thema haben.
Mit dem also eigentlich nicht existenten Buch The Tiwanaku von Alan Kolata (dem nicht existenten Chefausgräbers des nicht existenten Mittelamerika-Instituts der Universität Chicago) ließen sich erneut einige Behauptungen prominenter PS-"Forscher" in Sekunden klären. So reichen die Wasserspiegelschwankungen des Titicaca-Sees der letzten 12000 Jahre nicht aus, um Tiwanaku oder Puma Punko auch nur in die Nähe eines alten Wasserspiegels zu rücken - Ade, Hafenbecken Puma Punko, Ade Beweis für eine 12000 Jahre alte Ruine...[ 7 ]
- Das Magneträtsel Puma Punkos Von Hartwig Hausdorf wird sehr ausführlich von seiner "Entdeckung magnetischer Anomalien" in Puma Punko berichtet. Auch andere Autoren teilen uns mit, daß ein Kompaß in Puma Punko oder Tiwanaku verrückt spiele - eindeutiges Zeichen starker Energien, die dort einst geflossen sein müßten, und der Beleg für Extraterrestrier.
Das Rätsel soll mit den dort verbauten Diorit- und Andesitblöcken in Verbindung stehen, die unzweifelhaft einmal starke elektrische Maschinen beherbergten ... nur sagt mein Delfin - bunter Mineralienführer von 1975 (Preis 5 DM!!), daß Diorit und Andesit ihre dunkle Farbe durch einen hohen Eisenanteil haben. Als "primärquellenhöriger Klugscheißer" (ein Ehrentitel der mir im AAS-Diskussionsforum verliehen wurde :-) )kam ich natürlich nicht umhin, mir ein Fachbuch zum Thema zu besorgen, und fand dort), daß Diorite und Andesite bis zu 10 Gewichts% an Eisenoxiden enthalten und damit die eisenreichsten magmatischen Gesteine überhaupt sind. Die "Magnetanomalie" ist nichts anderes als eine natürliche Eigenart des Baumaterials! Duh!
Sicher, diese Dinge sind nicht schwerwiegend, und gehören Größtenteils auch nicht zu den "Kernbeweisen" der PS (vom Magnetismus und dem Wasserspiegel im Titicaca-See mal abgesehen). Aber ich könnte (und werde) die obige Liste problemlos fortsetzen. All diesen Sekundenrätseln ist eines gemein: sie existieren schlicht nicht! Sie wurden von den Autoren ausgedacht oder gründen sich auf Hörensagen oder total veraltete Literatur.
Ich wies einen Autor, der ein Buch zum Thema PS veröffentlichen wollte auf den Umstand hin, daß er sein auf mehrere Seiten breitgetretenes Magneträtsel von Puma Punco vergessen könne. Seine Antwort: "Macht nix, ich veröffentliche eh unter Pseudonym. Und die Magnetsache habe ich so bei Hausdorf abgeschrieben..."
Hm ja. Gewagtes Statement, aber in der Autorenszene wohl nicht ungewöhnlich. In einer Konversation mit einem anderen Autor beschwerte ich mich über die schlechte Recherche und meinte, daß ich mit meinem Hintergrundwissen eine Fälschung zusammenschreiben könnte, die so schnell keiner widerlegen könnte. Seine Antwort: "Dann machs doch; ist doch OK wenn's niemand merkt...".