Hat man sich ein wenig mit Cheops, Königsnamen und Hieroglyphen beschäftigt und betrachtet die bei Sitchin abgedruckten Zeichnungen ein wenig genauer, wird man unweigerlich über eine unscheinbare Symbolfolge stolpern. So mußte ich laut lachen, als ich sie unerwartet fand.
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hieroglyphisch |
Die Pharaonen führten mehrere Namen. Die voll entwickelte Titulatur sah insgesamt 5 Namen vor, dazu hatte jeder Pharao noch einen Stapel an Titeln.
Die wichtigsten Namen waren der Geburts- oder Eigenname und der Thronname, diese fand man gewöhnlicherweise in Königslisten und Dekreten vor. Beide Namen waren "Kartuschen"-Namen, wurden also in die ovale Seilschlinge geschrieben, wie wir sie auf der Fälschungs-Seite gesehen hatten. Um Eigen- und Thronnamen auseinanderzuhalten, stand eine Titulatur davor. Eine Gans mit einer Sonne (Sohn des Re) stand vor dem Geburtsnamen, während eine Binse und eine Biene (die Symbole für die beiden Landesteile Ägyptens) als Titel "König von Ober- und Unterägypten" dem Thronnamen voranstand.
Beide Namen waren nicht nur leere Lautgebilde, sondern hatten eine Bedeutung. Wichtig war natürlich der Name den sich der Pharao bei der Thronbesteigung selbst zulegte, denn er war eine Art politisches Programm ("Herr der Ordnung" oder "Der die Schöpfung wiederholt").
Nur: In der 4. Dynastie gab es diese Form der mehreren Kartuschennamen noch gar nicht. Cheops' Vater Snofru war wahrscheinlich der erste Herrscher, der überhaupt eine Kartusche um seinen Namen schrieb. Um seinen Geburtsnamen. Genau wie Cheops, Chephren, Mykerinos ...
Der erste Pharao mit je einem Karuschen-Geburts- und Thronname war Neferirkare, der dritte Pharao der 5. Dynastie, lange nach Cheops (die Namen kann man nachschlagen in J.v. Beckeraths Handbuch der ägyptischen Königsnamen, MÄS 49, Zabern 1999).
Und vorher? Nun, vorher hatte der Pharao einen Kartuschen-Eigennamen (der, um die Verwirrung zu komplettieren, häufig mit dem "Binsen-Biene"-Titel versehen war der später den Thronnamen vorstand) und einem nicht von einer Kartusche umgebenen Horus-Namen als Thronname! In den Königslisten des mittleren und neuen Reichs fand sich als einziger Name der Kartuschen- (also Geburts-)name Chufus. Dies war der einzige Name unter dem man ihn zur Zeit von Howard Vyse kannte.
Der Thronname von Cheops, Mddw, bedeutet soviel wie "der Austeilende". Das ist nicht in gewalttätiger Weise gemeint, sondern als gütig Gaben austeilender Herrscher. Weder die Bedeutung noch die bloße Existenz war den Hieroglyphenexperten um 1840 bekannt. Birch, laut Sitchin der größte Hieroglyphenkenner seiner Zeit, hatte den Horusnamen vor Augen. Er hielt ihn für "irgendeinen Titel". Wie also sollte ein Fälscher diesen Namen kennen und auch noch schreiben können, wenn selbst der größte Hieroglyphenexperte der Welt nichts damit anfangen konnte?
Eine Erklärung wurde von Sitchin selbst gegeben: In den umliegenden Beamtengräbern seien ebenfalls Inschriften gefunden worden, und unter denen befand sich eventuell auch der Horusname. Der Fälscher hat ihn einfach kopiert ohne zu wissen, was er dort eigentlich anmalt.
Dummerweise ist mir aber kein Grab bekannt, in dem der Horusname auftaucht. Außerdem ist diese Idee auch aus einem anderen Grunde unhaltbar: wenn man nämlich die Umstände betrachtet und die Schriften in ihrem Kontext sieht. Sie erfüllten einen Zweck, nämlich die Zuteilung spezifischer Blöcke zu bestimmten Arbeitsgruppen. Wie man aufgrund der Funde in den Arbeitergräbern weiß, arbeiteten an der Pyramide vier Teams, von denen jeweils eines für eine generelle Himmelsrichtung verantwortlich war.
Die Inschriften in den Pyramidenkammern scheinen genau diese vier Teams (Phylen) zu bezeichnen. Mein Kollege Rainer Lorenz hat diese Inschriften auf seiner Homepage (die die umfangreichste Besprechung der Cheopspyramide überhaupt enthält) nach Alan Rowe zusammengetragen:
Der Witz ist, daß diese Teamnamen jeweils einen Königsnamen an einer genau definierten Stelle haben. Einmal "Chufu", einmal seine verlängerte Namensform "Khnum-Chufu" - und zweimal den Horusnamen! Der Schreiber dieses Textes wußte also genau, was diese Zeichenkette war und wie man sie korrekt in einen Phylennamen einbauen konnte! Für Sitchins auserwählten Fälscher, einen Hotelier ohne jede Hieroglyphenerfahrung, ein Ding der Unmöglichkeit.
Als letzte Möglichkeit bliebe noch der Ausweg, daß beide Phylennamen schon vorher gefunden wurden. Dies ist aber nicht der Fall, außerhalb der Großen Pyramide tauchten entsprechende Namen nur in den Arbeitergräbern auf, die erst gegen Ende des 20. Jahrhunderts gefunden wurden!
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