Tag 6 - GizaDie Touristenfalle |
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Als wir in Ägypten eintrafen, war Aida-Zeit. Auf einer monumentalen Bühne wurde die Oper vor dem Hintergrund der Pyramiden aufgeführt. Da Rainer von Freunden aus früherer Zeit gehört hatte, daß Sicherheitskräfte während der Festivalzeit manchmal das Plateau abriegeln hatten wir beschlossen, erst nach dem Ende der Aufführungen die Hauptattraktionen, die größten Pyramiden Ägyptens zu besuchen.
Ich wollte hauptsächlich einige Fotos nachholen die ich 1997 vergessen hatte, und für meine Orion-Betrachtung einige Beobachtungen anstellen. Desweiteren galt meine Aufmerksamkeit den Erosionsspuren am Sphinx und woanders in Giza.
Rainer hingegen wollte der Frage nach der konkaevität der Pyramidenflanken nachgehen - die wir tatsächlich alle bestätigen konnten.
Nachdem ich endlich meine 1997 vergessenen Fotos des Isistempels von der Henutsen-Pyramide aus gesehen gemacht hatte, schlenderten wir erst mal in Richtung Sphinx. Ich habe das Ding noch nie ohne Gerüste gesehen, und habe daher auch noch nie ein Photo von ihm gemacht. Um so größer die Freude, daß die Restauration inzwischen abgeschlossen ist, und er frei von jeglicher Sichtbehinderung da liegt. Allerdings waren 1997 erheblich weniger Touristen da (genauer waren Stefan und ich damals, wenige Tage nach den Anschlägen in Luxor, fast die einzigen Touristen auf dem Plateau gewesen).
Steht man übrigens vor dem Sphinx so stellt man fest, daß seine von der Seite lachhaft verzerrten Körperproportionen von vorne nicht zu erkennen sind. Auch nicht der zu kleine Kopf - die Figur thront majestätisch über dem Betrachter und sieht genau richtig aus. Bedenkt man, daß der Sphinx als Wächter direkt am Hafenbecken stand, und mißtrauisch jeden Besucher der dem Boot entstieg beäugte, bekomme ich eher den Verdacht als ob die Proportionen genau für diese Betrachtungsweise geschaffen wurden. Und dafür sind sie schlicht und einfach perfekt!
Da wir in den Tagen zuvor bereits haufenweise Erosionsmuster beobachtet und dokumentiert hatten, betraten wir den Sphinxperimeter ganz aufgeregt. Würden wir hier Spuren vorfinden, die sich fundamental von den anderen unterscheiden? OK, wenn Sie bis hier durchgehalten haben, wissen Sie's ja schon. Nein. Trotzdem hier ein paar beeindruckende Details vom Sphinxgesicht.
Anschließend ging es via Chephren (schon wieder die Chentkaus-"Pyramide" verpaßt) und Mykerinos in die Wüste, auf den Hügel des 9 Pyramid View. Da dies ein Arbeitsbesuch war, verzichteten wir auf jeden Schnickschnack wie "Camelride" und machten uns dran, über die noch erkennbare Steinbruchrampe von Mykerinos (hab ich nicht irgendwo gelesen, daß man nirgendwo Rampen gefunden hat? - nee, kann nicht sein :-) ) runter in die Wüste zu kraxeln. Im Nu hatten wir einige Polizisten im Schlepptau die uns zurückrufen wollten. Wo wir den hin wollten? Zum 9 Pyramidenblick. Aber dafür gäbe es doch Kamele? Ja, aber wir wollen laufen. Aber das macht doch niemand! Doch, wir.
Mit etwas was klang wie "stupid" ließen uns die Polizisten dann ziehen. Ich bereue den Weg nicht, da die wechselnden Anblicke (s. Titelbild "Geschichte ist langweilig") ein geradezu atemberaubendes und selten gesehenes Panorama bieten. Nachdem wir den Hügel im Süden der Pyramiden erklommen hatten, gingen wir parallel weiter nach Westen, um die unterschiedlichen Pyramidenperspektiven zu beobachten. Vom klassischen 9-Pyramiden-Blick zum "Orion 1"-Blick (Gipfel Mykerinos und Chefren auf einer Linie), weiter zum "Orion 2"-Blick (Südostkante Chefren und Mykerinos auf einer Linie; man erkennt dabei erst die minimale "Gipfelabweichung" der Mykerinos-Pyramide) zum Punkt, wo die Cheopspyramide wieder auftaucht. Faszinierenderweise konnte man die noch nicht ausgegrabenen Grundrisse der Mauern der Pyramidenanlagen deutlich erkennen.
Irgendwie hatten wir an fast jedem Tag auch Negativereignisse. Zuerst aber mal was positives: Als ich 1997 in Kairo war, traute sich fast kein Tourist mehr ins Land. Stefan und ich waren damals fast die einzigen Gäste im Hotel "Pyramid Parks" - und in Giza Freiwild gewesen.
Diesmal bedeckten aber Horden von Touristen das Plateau - und durch unser geschäftig/geschäftsmäßiges Auftreten fielen wir anscheinend komplett durch das Beuteraster der Händler und Führer. Frank hingegen machte sich ein Späßchen daraus, wie ein abgreifwilliger Tourist auszusehen - und dann die Händler mit ihren eigenen Worten an der Nase herumzuführen:
Ägypter: | "Camel, Mister, Camel?" |
Frank: | "OK, how much?" |
Ägypter: | "Five Pounds, Mister" |
Frank: | "Oh, thats cheap" |
Ägypter: | "??? Ahem, cheap, mister? Do you want Camel" |
Frank: | "OK, I take Camel. Here five Pounds, and now give me Camel" |
Ägypter: | "!!!! No, Five pounds not for camel!!! Only to ride Camel!" |
Frank: | "No, you said 'Five Pound for Camel' and not 'to ride Camel'. You made an offer, I accepted it. Here are my five Pound, now give me Camel!" |
Ägypter: | (läuft fluchend und schreiend davon) |
Irgendwann hatte sich Frank's Masche herumgesprochen und alle Kamel- Pony- und Sonstwastreiber machten einen Riesenbogen um uns herum :-)
Naja, glücklich waren wir nun an der Mykerinos-Pyramide angekommen. Und da dies die einzige auf dem Giza-Plateau war die gerade dem Publikum zugänglich war, knubbelten sich dort alle Besucher. Der Anblick war leider unfaßbar. So jede Minute fuhr ein Reisebus vor, spuckte eine Ladung von 30-50 Touristen aus, die dann im Schnellschritt die Treppe zur Pyramide hochgetrieben und durch die Schächte geschleust wurden. Es war ein ständiger Strom, ein stetiges Kommen und Gehen, fast als atme die Pyramide Touristen ein und aus.
Im Innern dieser kompliziertesten Giza-Pyramide wachte ein Wächter darüber, daß man keine Sekunde lang irgendwo stehenblieb und abseits des kanalisierten Besucherstroms Fotos oder Beobachtungen machte. Dabei gibt's dort einiges interessantes zu sehen, zum Beispiel das Ende des "zweiten Eingangs", eines Kriechschachts der vom Vorraum der Grabkammer in den Bereich der Polarsterne weist - fast wie die berühmten Modellkorridore der Cheopspyramide! Und blind im Gestein endet.
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