Tag 1: SakkaraEin überraschender Fund |
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Unser erster Tag begann mitten in Sakkara, vor der Pyramide von Userkaf. Rainer hatte etwas "spezielles" für uns vorbereitet - Sakkara Süd, nur per Kamel erreichbar. Vor der Pyramide trafen wir uns mit dem Kameltreiber, wie unser Taxifahrer ein alter Bekannter von Rainer, um die Details zu bereden.
Die Pyramide selbst ist nur noch ein verfallener Steinhaufen, der Eingang verschüttet. Aber Rainer wollte noch unbedingt auf die Südseite, den dort liegenden Tempel ansehen, den er nur aus der Ferne kannten. So trotteten wir dann um die Pyramide herum - und da lag er.
Ich hatte in Ägypten einen Witz gemacht: Wenn ich für alles, was Rainer, der immer nach dem großen suchte, im kleinen übersehen hatte eine Mark kriegen würde, wäre der Urlaub für mich umsonst gewesen :-)
Nun, woran er vorbeigestolpert war, war das Prachtexemplar einer Kernbohrung in Rosengranit. Eine Bearbeitungstechnik, die die alten Ägypter angeblich niemals beherrscht haben können und für die - natürlich - Außerirdische bemüht werden. Oder Ultraschallbohrer, die eine geheime Vorzivilisation der Wüstensöhne gekannt haben sollen. Ein wesentliches Indiz sollen die absolut gleichmäßig und parallel laufenden Rillen in all diesen Bohrungen sein die beweisen, daß diese Steine nicht geschmirgelt wurden, wie "konservative" Wissenschaftler meinen, sondern in einem Durchgang geschnitten wurden. Eine Technik, die selbst wir erst seit kurzem beherrschen, so als Experte ein Techniker einer Dübelfirma.
Naja, diesen Stein können sie nicht meinen. Selbst mit bloßem Auge waren die kreuz und quer und an keiner Stelle echt parallel laufenden Rillen zu erkenne die eindeutig zeigen, daß dieser Stein ausgeschmirgelt wurde.
Gut, jetzt kann argumentiert werden, dieser Stein sei dann mal eine Ausnahme, und tatsächlich von den Ägyptern angefertigt. Kommt aber nicht gut, da ja die eigentliche Behauptung ist, die Ägypter könnten so was prinzipiell nicht machen. Und außerdem haben wir Dutzende von Kernbohrungen gefunden und untersucht - und in jeder, die nicht schon völlig ausgeschmirgelt war, fanden wir ungleichmäßige Rillen.
Achja, Kernbohrungen. Anfangs stürzten wir uns noch auf jede einzelne die wir fanden. Aber es fliegen in den Ruinen wirklich soviele kerngebohrte Steine aus allen Dynastien herum, daß wir nachher sogar das Zählen aufgaben. Wenn die Ägypter das also wirklich nicht selbst machen konnten bleibt nur eine Alternative: Ein außerirdisches Bohrkommando hätte 3000 Jahre lang vor Ort stationiert gewesen sein müssen... :-)
Rainers erstes eigentliches Ziel waren die völlig abgelegenen Gräber der 1. Dynastie, die sich an der Grenze zum Niltal befinden. Dorthin führen weder Wege noch Straßen, und natürlich auch keine Hinweisschilder. So standen wir dann nach einer längeren Wanderung in der Wüste und suchten diese vermaledeiten Mastabas. Dummerweise war das Gelände recht hügelig, so daß man schnell die Orientierung verlor, um einen besseren Überblick zu bekommen stiegen wir daher auf einen kleinen Hügel. Oben angekommen merkten wir, daß dieser unter der Sandschicht seltsam regelmäßig gemustert war - wir standen mitten auf einer Mastaba.
Tatsächlich war jeder Hügel ein Grab, und nachdem wir dies festgestellt hatten, sahen wir auch überall Spuren. So rasteten wir für eine Weile, und ich begann einen recht komisch aussehenden Stein auszugraben. Es war ein menschlicher Unterkiefer, und direkt daneben ragte ein Oberschenkelknochen aus dem Sand. Brrr.
Danach stolperten wir eine Weile durch das Gelände, allerlei interessante Details aufnehmend. Mastaba-Konstruktionen mit Lehmziegeln unten und massivem Stein darauf zum Beispiel. Wer sich bloß so was ausdenkt...
Letztendlich fanden wir aber was Rainer gesucht hatte: Eine perfekte Mastaba mit Nischenarchitektur.
Um es vorweg zu sagen: Ich mag Kamele nicht. Zu dieser Meinung kam ich 1997, als ich mich für eine weiträumige Umrundung des Giza-Plateaus für einen Nachmittag auf so ein Viech setzen mußte. Sie haben irgendwie keinen Rhythmus und finden es besonders toll, ihre Passagiere mit unvorbereiteten Gangartwechseln oder einknickenden Vorderbeinen zu schocken. Die Kamele merken, daß ich sie nicht mag, was wohl zu Rückkopplungen führt.
Daher war ich wenig begeistert von der Aussicht, erneut ein paar Stunden auf dem Rücken eines dieser Tiere zubringen zu müssen. Unser nächstes Ziel, Sakkara Süd mit der Pyramide von Pepi II und der riesigen Mastaba von Schepseskaf (letzter König der 4. Dynastie) ist aber nur auf diese Weise zu erreichen :-(
Unterwegs, zwischen den Pyramidenanlagen, konnte man folgendes Panorama bewundern:
Sieht doch echt aus wie Landepisten, die auf die Pyramiden hin zulaufen, oder? In Wirklichkeit sind es aber Spuren französischer Archäologen, die momentan eine Aufnahme des Geländes machen, unter dem noch viele unentdeckte Gräber vermutet werden.
In Dahschur Süd angekommen, gab es erst mal Tee und Unterhaltung im Wächterhäuschen. Dies dürfte wohl der einsamste Posten überhaupt in Ägypten sein, außerhalb der Grabungssaison verirrt sich hierhin niemand. Zuerst erkundeten wir die Tempelanlagen und frischen Ausgrabungen bei Pepi II. Was (mir) sofort ins Auge fiel, waren die Unmengen an - Kernbohrungen natürlich! An Türstürzen, als Riegellöcher in massiven, tonneschweren Portalen, in Säulen und so weiter. Nach 40 Löchern hörte ich auf zu zählen. In der Tat, die außerirdischen Bohrkommandos hatten bei Pepi II eine Menge zu tun :-))
Ach ja, zur Erinnerung: Wir sind hier in Sakkara Süd, und nicht in Abusir, wo die so berühmten paar Bohrlöcher zu bestaunen sind...
Neben herrlichen Reliefs, stellenweise noch in Originalfarben, kann man hier auch die Kernkonstruktionen der Pyramiden dieser Zeit bewundern. Und letztlich sieht selbst Pepi II nicht so verfallen aus wie behauptet.
Hauptattraktion in Dahschur Süd ist meines Erachtens aber die viel geschnittene Mastaba des letzten Königs der großen, Pyramidenbauer-Dynastie. Mit "Mastaba" verbindet man oft nur kleine, verfallene Ziegelhaufen, die man einfach so übersieht. El-Faraun aber ist ein Monstrum. Gigantische Steinquader, jeder einzelne weit größer als in allen Pyramiden der 4. Dynastie verbaut, wurden zu einem gewaltigen Bauwerk aufgetürmt (Bild links: Rainer als Größenvergleich und kleiner blauer Punkt auf einem Mauerblock der Mastaba!!)
Diese Mastaba muß Vergleiche mit Pyramiden wie der von Mykerinos nicht scheuen, wird aber zum Beispiel von Robert Bauval, der ja "alle Bauten der 4. Dynastie als ein Abbild des Himmels" deuten will, schlicht "vergessen". Weil es keine Pyramide ist? oder weil es dafür keinen passenden Stern gibt? :-)
Nach mal wieder weit mehr Zeit als geplant ging es dann weiter durch die Wüste, zurück nach Norden, zur Pyramide von Djedkare-Isesi. Der Wächter dort teilte uns mit, daß die benachbarte Pyramide Pepi I momentan nicht bewacht sei, und man daher dort erstklassige Einblicke über die Rekonstruktion der Tempel habe. Müde und zerschlagen trotteten wir die paar Kilometer zu Fuß durch die Wüste, aber der Anblick dort lohnte sich tatsächlich. Anscheinend ist man dort bemüht, die antiken Stätten originalgetreu wieder hochzuziehen. Natürlich stolperten wir wieder haufenweise über Kernbohrungen...
Als die Sonne schon recht tief stand, zwängten wir uns wieder auf die Kamele und ritten gen Sakkara (dem Dorf), wo wir unseren Taxifahrer Bakr wieder trafen. Im Hotel angekommen, fielen wir mehr oder weniger tot ins Bett. Der erste ereignisreiche Tag war vorbei.
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