Tag 4: Bubastis, TanisStein-Zeit |
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Der vierte Tag bescherte uns einen Ausflug ins fruchtbare Nildelta. Im Gegensatz zur unfruchtbaren und höchstens als Steinbruch genutzten Wüste fielen die Tempelanlagen im Nildelta den regelmäßigen Überschwemmungen, der intensiven landwirtschaftlichen Nutzung und dem allgegenwärtigem hohen Grundwasser zum Opfer. Unsere Tour führte uns ins Ostdelta, bis zur Küste des Mittelmeeres und den Salzsümpfen von Tanis, vorbei an der Ortschaft Tell-Basta, in der der Neuzeit-Tempel der Katzengöttin Bastet errichtet wurde. Pyramiden standen heute nicht auf dem Programm.
Die Luft in Kairo ist schlecht, das kann niemand der ehrlich ist bestreiten. Dennoch habe ich den Eindruck, als habe sich die Lage in den letzten Jahren gebessert, und in der Tat sieht man inzwischen auf den Straßen jede Menge neue Autos herumfahren, die über Katalysatoren verfügen.
Bereits auf der Sakkara-Road wird die Luft immer besser, obwohl man noch nicht von Luftkurort sprechen kann. Dies liegt an der überall verstreuten Industrie entlang des Nils.
Wer jetzt aber der Meinung ist, die Luft im landwirtschaftlich genutzten Delta sei besser, der hat sich getäuscht...
Grund dafür sind die geradezu unglaublichen Fahrzeuge, die dort noch im Einsatz sind. Insgesamt dreimal begegneten wir fahrbaren Nebelwerfern - Kleintransporter, die nur als gigantische Nebelwand erkennbar waren, da sie Öl und Wasser in unglaublicher Quantität aus dem Auspuff bliesen. Eines dieser Fahrzeuge ist in der Lage, ein komplettes Stadtviertel so zu vernebeln, daß man weder die Straße noch die Hand vor Augen sieht.
Häufiger waren aber die Produzenten schwarzer Löcher - LKW's die ganze Dunkelwolken über Landstriche legen. Wer dies nicht mit eigenen Augen gesehen hat, wird es nicht glauben können :-(
Ein weiterer Faktor waren die Felderverbrennungen. Wir kamen anscheinend kurz nach der Reisernte im Delta an, und im Anschluß an diese wurden überall die noch verbliebenen Stoppeln auf den Feldern abgefackelt. Das Ergebnis all dieser Ursachen ist eine Smogschicht, die bis zum Mittelmeer reicht.
Ach ja, in Ägypten sind alle Straßen vierspurig! Auch die die eigentlich nur einspurig sind :-)
Am Tag vor unserer Tanis-Tour war in der Türkei ein bedauerlicher Busunfall passiert, der auf das gewagte Überholmanöver eines Busses zurückzuführen war. Die im Fernsehen gezeigten Beispiele aus der Türkei waren nichts im Vergleich zu dieser Fahrt. Auf Straßen, wo man in Deutschland sogar bei einem entgegenkommenden PKW langsamer und weiter rechts fahren würde, überholten sich ganze LKW-Kolonnen mit Gegenverkehr in Form von sich überholenden LKW-Kolonnen! Sagenhaft. Dennoch hat man nie das Gefühl der Unsicherheit, da in Ägypten alle Überholvorgänge durch Hup- und Lichtsignale mit dem Gegenverkehr abgesprochen werden. Bei all unseren Fahrten in Ägypten waren wir dann auch nur Zeugen zweier Unfälle - ein etwas eingedellter Kleinlaster, und im anderen Falle eine herausgefallene Heckscheibe. Ich kenne die Unfallstatistiken in Ägypten nicht, aber ich habe den Eindruck, als wenn das Autofahren trotz allem Chaos dort immer noch sicherer ist als hier.
Archäologie und Autoverkehr - für Liebhaber alter Mercedes-Limousinen ist das Delta ein Traum. Ich habe noch nie so viele so gut erhaltene Exemplare aus den 50er und 60er Jahre gesehen wie dort. Selbst erstklassig erhaltene Borgwardts (!) und andere Oldtimer waren zu bewundern. Also, "Kunstsammler" der besonderen Art - auf nach Ägypten :-)
Der Tempel der Katzengöttin Bastet, errichtet von den neuzeitlichen Herrschern Orsorkon I und II der 22. Dynastie liegt mitten in der Ortschaft Tell-Basta. Einstmals ein prächtiger Bau, mehrere 100 Meter lang und breit, heute aber nur noch ein Trümmerfeld. Da gerade erst mit der Katalogisierung der Bruchstücke begonnen wurde, ist außer für eingefleischte Experten nichts lohnendes zu sehen. Interessant zu erwähnen ist, daß in dem Tempel massives Recycling betrieben wurde - so stammt der Großteil der heute noch vorzufindenden Blöcke von Ramses II, aber selbst Blöcke aus Cheops' Zeiten wurden verwendet!
Interessant ist der Tempel aber im Vergleich. Herodot, der ja über das "verschwundende" Labyrinth die phantastischsten Angaben machte, schwärmt ebenso vielzeilig über diesen Tempel. Und auch hier ist nur eine Trümmerwüste übrig geblieben. Stellt man sich das ganze noch mit Sand bedeckt vor, wäre die Ähnlichkeit kaum noch zu übertreffen. Und das, obwohl dieser Tempel fast 1000 Jahre jünger ist als das Labyrinth!
Besonders auffällig ist, daß ausnahmslos Hartsteintrümmer unregelmäßigerer Form, Säulenreste und Statuentrümmer übrig geblieben sind, aber kein einziger Kalksteinrest. Ich vermute, daß die Bewohner des umliegenden Dorfs nach der Pharaonenzeit den Tempel als Steinbruch verwendeten, und alles was sie verarbeiten konnten für eigene Zwecke abtransportierten. Wäre in Bubastis weniger Hartstein verwendet worden, wie es ja im Labyrinth von Amenemhet II der Fall gewesen sein soll, wäre wahrscheinlich heute auch noch weniger vorzufinden.
Tanis war Reichshauptstadt in der Neuzeit, entsprechend groß und mächtig ist das Trümmerfeld dieses Tempels. Doch dieser Tempel stammt nicht aus der Neuzeit, fast zweitausend Jahre lang wurde er immer wieder umgebaut, erweitert, abgerissen, neu gestaltet. In ihm finden sich phantastische Statuen und in härtestes Gestein geschlagene Reliefs, teilweise noch mit Originalfarbe bemalt.
Und die für ihn verwendeten Blöcke aus Hartstein sind gigantisch, bis zu 1000 Tonnen schwer. Wobei wir wieder bei unserem alten Thema, den Rätseln der Grenzwissenschaft wären.
Steintransport soll eines der Geheimnisse "der Alten" sein. So bezweifelt ein amerikanischer Architekt, daß der Bau der Cheopspyramide den Ägyptern möglich gewesen sein kann, da sie keine Möglichkeit hatten, die 50-70 Tonnen schweren Steine oberhalb der Königskammer zu transportieren.
Nun ist es aber so, daß sich an der Technik für den Schwertransport zwischen der Pyramidenbauerzeit und dem Ende Ägyptens nicht viel, eigentlich sogar überhaupt nichts geändert hat. Erst die Römer brachten in unserer Zeit mit Windenkonstruktionen "Schwung in den Laden". Die Ägypter des mittleren und neuen Reichs und der Neuzeit (die Zeit nach ca. 710 v. Chr.) hatten also dieselben Probleme wie die Pyramidenbauer des alten Reichs. Schaut man sich aber zum Beispiel die Wucht der Steine in Tanis an, oder die gigantischen Tempel in Oberägypten, die alle aus Steinen weit schwerer als die in den Pyramiden verbauten sind, so stellt man sich unwillkürlich folgende Frage: Wenn den Ägyptern der Transport der Pyramidenbaublöcke und den 200 t-Brocken des Chephren-Taltempels unmöglich gewesen sein soll - wie um alles konnten sie dan die um ein X-faches schwereren Blöcke in den anderen Tempeln bewegen? Wenn sie die Teile bearbeiten und bewegen konnten, konnten sie, da die Technik dieselbe war, auch die Blöcke zur Pyramidenzeit bewegen. Konnten sie das nicht, muß erneut für 3000 Jahre ein außerirdisches oder atlantisches Schwertransportteam im Lande gewesen sein.
Bei allen bisher angeschnittenen Problemen - Kernbohrungen, Erosion, Schwertransporte - läßt sich erneut ein gemeinsames Argumentationsschema einiger Autoren der Grenzwissenschaft finden. Fundreduktion! Schaut man sich Literatur über die geheimnisvollen Kernbohrungen an, werden oft nur einige wenige, anscheinend aus der Rolle fallenden Funde erwähnt. Das Kernbohrungen sowas von gewöhnlich sind, daß schon aus diesem Grunde eine geheimnisvolle Technik unmöglich unentdeckt geblieben sein könnte, wird einem erst klar wenn man mit offenen Augen durch die Stätten wandert. Ebenso der Schwertransport. Die 2, 3 Blöcke des Chephren-Tempels werden hervorgehoben, und die 50 Blöcke in der Cheopspyramide. Die Unzahl an Kolossen im 100, 200, 300 ja 1000 Tonnen-Bereich, die Landauf, Landab herumliegen aber schlicht "vergessen" Alleine die Existenz dieser Blöcke, Statuen und Obelisken zeigt, daß die Ägypter die Kunst des Schwertransports gemeistert hatten - wie auch immer!
Zeitraffer, so nenne ich etwas spöttisch die Gruppe um Heribert Illig herum, die mit aller Macht Velikovskys Thesen einer nur wenige 10000 Jahre alten Erde beweisen wollen. Dafür werden großzügig ganze Kulturen gestrichen (wie die Sumerer), 300 Jahre aus dem Mittelalter geklaut und die Beginne der ägyptischen Zivilisation mal eben nach 800 v. Chr. verschoben. Aber sie sind nicht die einzigen. Der studierte Ägyptologe David Rohl will, um einige biblische Synchronisationen zu erzielen, ebenso ein paar Jahrhunderte streichen. Einer seiner Hauptbeweise sind diese unscheinbaren Gräber aus der 21. und 22. Dynastie.
Das linke Grab stammt aus der 21. Dynastie, das rechte aus der 22. Nun ist es so, daß das linke Grab am hinteren Ende verbreitert wurde, um zwei weiteren kleinen Grabkammern Platz zu schaffen, und dabei scheinbar in das Grab der 22. Dynastie hineingebaut wurde. Was natürlich nicht möglich ist. Rohl folgert daraus, daß beide Dynastien parallel existierten.
Aus der Nähe betrachtet wirkt sein Beweis aber nicht allzu beeindruckend: An der Stelle der Ausbuchtung der einen Mastaba ist die dicke Steinschicht der daneben liegenden, späteren, eingebuchtet. Statt rund 1 m breiten Steinen liegt dort nur eine Schicht ungefähr 30 cm breiter Steine, der Frontstein an der Ausbuchtung wurde mit einem Winkel versehen. Im Inneren hingegen ist die Mastaba rechteckig. Und beide zusammen bilden (mit einem weiteren Grab) einen rechteckigen Komplex. War dies, ein rechteckiger Gesamtkomplex, geplant, gab es überhaupt keine andere Möglichkeit für den späteren Baumeister, als die Ausbuchtung des früheren Grabs hinten so zu berücksichtigen.
Nach einigem Kopfkratzen zuckte ich die Achseln und ging weiter. Ägyptologe hin oder her, ich sehe da nichts beweiskräftiges.
In Tanis hatte es Rainer schwer. Frank S hatte es sich ja schon den ganzen Urlaub zum Thema gemacht, uns aufs extremste gesteigerte Paleo-SETI-Ideen ums Ohr zu hauen - heute aber übertraf er sich und war voll in seinem Element. in jeder Obeliskenspitze sah er eindeutig einen "Atmosphären-Eintauchkörper", und in jedem Obelisken selbst eine Rakete (natürlich nur als Scherz - hoffe ich :-) )
Selbst für die Bruchstellen an Obelisken fand er Erklärungen: "Wir haben doch heute auch mehrere Stufen - nur, wo sind die Booster". Hilfe :-)
(Bild: Rainer Lorenz) An dem Abend sollten wir endlich Rainer ägyptische Bekannte, Magda, treffen. Den letzten drei Tage hatten wir schon von ihr gehört. Eine quirlige Person sollte sie sein, dem Temperament einer Italienerin nicht unähnlich. Und eine sehr engagierte Koptin.. Und als sie kam, räumte sie auch gleich auf.
Über die Servicewüste des Mövenpick-Hotels hatte ich ja schon berichtet. Eigentlich unglaublich, was einem dort widerfuhr. "Nein, wir können kein Geld wechseln - gehen Sie ins nächste Hotel" - Bitte??? Oder "ich möchte mit dem Bus nach Hurghada- Könnten Sie mir die Abfahrtzeiten und den Busbahnhof nennen? " - "Nein, rufen Sie diese Nummer an" (bei der sich ein arabischer Anrufbeantworter meldete). Oder eben die Restauration im Hotel. Am Tag zuvor war ich nach einer 3/4 Stunde Wartezeit erbost aufgestanden und hatte recht sauer die sich nett unterhaltenden Ober gefragt, ob es denn nun möglich sei etwas zu bestellen, oder ob man hier eigene Speisen und Getränke mitbringen müsse. Widerwillig näherte sich dann nur 10 (!!) Minuten später jemand, um unsere Bestellung aufzunehmen.
Ähnliches bahnte sich auch diesen Abend an. Bis Magda offenkundig die Geduld verlor und dem Ober auf Arabisch anscheinend so unflätige Worte um die Ohren warf, daß der arme Mann richtig rot wurde. Den Rest des Abends fluppte der Service aber.
Am nächsten Abend, ohne Magda, wurden wir vortrefflich bedient, alles funktionierte reibungslos. Dann trat der Kellner an unseren Tisch, beugte sich herab und fragte (sich dabei ängstlich umblickend): "Kommt Mrs. Magda heute noch?" Er atmete hörbar auf, als wir dies verneinten - ich möchte wirklich wissen, was sie ihm gesagt hat...
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