Nachdem zwei starke Indizien für eine eventuelle Lampenbenutzung fortgefallen sind, wende ich mich nun den eigentlichen Objekten zu. Dabei gehe ich zuerst "technisch" vor, wie es die Autoren der These fordern, und schaue auf den Folgeseiten, was denn die Ägyptologie zu den Objekten sagt.
Zuerst muss ich noch ein paar Worte der Warnung loslassen. Das Buch "Das Licht der Pharaonen" von Krassa & Habeck, auf dem meine Besprechung der Lampenthese beruht, ist flüssig geschrieben und klingt logisch. Man stellt sich nach dem Lesen des Buches gar die Frage, welchen Unsinn die Ägyptologen denn da seit 200 Jahren verzapfen. Hat man sich aber ein wenig mit Ägypten beschäftigt, so fällt schnell auf, welchen blühenden Blödsinn über die Ägyptische Kultur die Autoren hier über dem unbedarften Leser abladen. Der größte Teil davon sind freie Erfindungen. Es empfiehlt sich daher, Krassa/Habecks Auslassungen zu diesen Dingen komplett außen vor zu lassen (ich habe nicht genug Webspace, um alles geradezurücken was sie verbeult haben), und sich lediglich auf Technik vs. Ägyptologie zu konzentrieren. Einige der besten Stilblüten der beiden Autoren werde ich in einer Anhangsseite besprechen.
Schauen wir uns zuerst an, wie die Vertreter der Elektrothese das Bild deuten.[1] Als Erklärung der Objekte machen Krassa/Habeck die drauf folgenden Angaben: ):[2]
Auf Basis dieser Darstellung konstruierte der Ingenieur Garn ein funktionsfähiges Gerät, welches in der Tat Licht lieferte. Bei Krassa/Habeck findet man dazu eine Skizze und eine Erklärung von Garn:
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"Evakuiert man eine Glasbirne, in die zwei Metallteile hineinreichen (B), (C), so tritt bereits bei wesentlich niedrigeren Spannungen, je nach Größe des Glasballons (D), eine Entladung auf. Bei einem Druck von etwa 40 Torr (40 mm Quecksilbersäule) schlängelt sich ein Leuchtfaden von einem Metallteil zum anderen (E). Wird weiter evakuiert, verbreitert sich die Schlangenlinie, bis sie zuletzt die ganze Glasbirne ausfüllt. Dies wiederum entspricht exakt den Abbildungen in den unterirdischen Kammern des Hathor-Heiligtums."[3]
Wie kommen unsere Autoren aber überhaupt darauf, in den Dendera-Bildern eine Lampe zu sehen? Ganz einfach, sie argumentieren mit der in der Grenzwissenschaft weit verbreiteten "sieht aus wie"- Beweisführung. Diese (sieht aus so wie ich mir eine Glühbirne / ein Raumschiff / einen Panzer vorstelle, also ist es auch sowas) basiert natürlich auf der Annahme, daß der entsprechende Kulturkreis naturalistische Abbildungen anfertigt.
Da sieht es in Ägypten schon mal ziemlich schlecht aus, denn es gibt dort so gut wie keine Abbildungen. Alles was in Gräbern und Tempeln zu sehen ist, sind Darstellungen. Kompositionen, die einem bestimmten, fest vorgegebenen Kanon gehorchen, und die ihre Elemente aus einem genauso eng umrissenen Fundus von Standardelementen beziehen - eine Komposition aus dem Setzkasten, sozusagen. Kennt man das Thema der Darstellung, kann man oft bereits aus wenigen erhaltenen Bruchstücken die Reste der Szene rekonstruieren.[ 4 ]
Diese Kompositionen wurden natürlich aus Elementen zusammengesetzt, die dem Ägypter etwas sagten - die Darstellungen waren im Prinzip eine Erweiterung der Schrift. Mir ist aus Tempeln und Gräbern keine einzige naturalistische Abbildung einer Landschaft, einer Zeremonie oder einer Handlung bekannt, und auch die Bilder in den Krypten sind im Prinzip nichts anderes als Kompositionen. "Im Prinzip" deshalb, weil diese Reliefs tatsächlich Abbildungen von Objekten sind - von Festschreinen die dort aufbewahrt waren, die aber ihrerseits Kompositionen waren, die in Reliefform genauso noch einmal angefertigt wurden.
Und die schauen wir uns nun endlich genauer an.
Auf den Bildern ist leider nicht deutlich erkennbar, daß die Lampenreliefs von erklärenden Begleittexten umgeben sind, die in Hieroglyphen Aufschluss über die Bedeutung der einzelnen Elemente geben.
In ihrem Buch verwenden die Autoren lobenswerter Weise Originalübersetzungen von Wolfgang Waitkus, und versuchen anhand dieser Erklärungen ihre Lampenthese zu untermauern. In ihrem Literaturverzeichnis erwähnen sie außerdem das auch von mir häufiger verwendete "Reallexikon" von Hans Bonnet, auch heute noch eine gute Quelle für Basisinformation zu vielen ägyptischen Religionsbegriffen.
Damit sollte bei der Interpretation der Reliefs eigentlich nichts schiefgehen können. Sollte man meinen.
Zuerst werfe ich einen Blick auf die Erklärungen, die Krassa/Habeck liefern. Die Texte zur Szene beginnen mit den folgenden Zeilen:
"Worte zu sprechen von Ihi, dem Großen, dem Sohn der Hathor, dem erhabenen Kind des Auges des Re: 'Ich habe Dein Herz erfreut mit Herrlichkeiten für Deine Gestalt und ich habe vertrieben die Wut mit Sprüchen,'"[5]
Für Krassa und Habeck ist klar: diese geheimnisvolle Gestalt "Ihi" ist die Glühbirne. Auf den nächsten 1 1/2 Seiten versuchen sie dies anhand anderer Textfragmente zu belegen. Sie begründen das damit, daß Ihi als "Verkörperung des Symbols für einen neuen Anfang" stehe, und eventuell, wie das Auge des Re, einen "Gegenstand" darstellen könne.[6]. Auf den Folgeseiten wird von ihnen konsequenterweise Ihi nur noch mit dem "Leuchtkörper" gleichgesetzt.
Tja, aber das kann so nicht stimmen, den in dem erwähnten und von ihnen angeführten "Reallexikon" ist genau beschrieben, wer oder was Ihi ist. Ein Jüngling mit Sistrum (einer Rassel), Patron der Sänger und Musikanten, heimisch in Dendera, und Teil eines jeden Festes[7]. Aber wo findet man den denn auf dem Relief? Ganz einfach, in dem Teil, den die Autoren bei der Erläuterung ihrer Funktionsskizze weggeschnitten haben - ganz links von der "Birne". Unten eine vollständige Abbildung des Reliefs, mit Ihi ganz zur Linken:
Da die Autoren nicht nur die Waitkus-Texte, sondern auch weiterführende Literatur, aus der sie die Symbolik der erwähnten Elemente hätten entnehmen können zur Hand hatten, ist dies schon enttäuschend. Mit einem Ihi der keine Lampe ist, hat sich außerdem die gesamte nun folgende Interpretation erübrigt, die "Ihi = Lampe" zwingend voraussetzt..
Auch sonst demonstrieren die Autoren, daß sie von den Grundlagen des von ihnen besprochenen Gebietes (wie so oft in der Grenzwissenschaft) keine Ahnung haben. So deuten sie den obigen Spruch so aus, als spreche irgendjemand zu oder über Ihi. Man habe "die Wut mit Sprüchen vertrieben", um eine sichere Handhabung der Ihi-Lampe zu ermöglichen. Tja, nur leider bedeutet die Einleitungspassage "Worte zu sprechen von" (W.z.S.), daß hier eine persönliche Rede anfängt. Hier spricht nicht jemand über Ihi, die Worte mit dem Vertreiben der Wut spricht Ihi selbst (was ihm als Lampenkolben schwerfallen dürfte). Diesen Fehler machen die beiden Autoren bei allen folgenden Sprüchen, daher sind ihre Interpretationen daraus auch schlicht sinnlos.
Daß Krassa/Habeck nicht wissen, daß "Sohn des (Sonnengotts) Re" eine Umschreibung für den Pharao ist, und ihre darauf aufbauenden Spekulationen, damit könne die Glut einer Lampe gemeint sein daher völlig wertfrei sind, erwähne ich nur am Rande. Wichtiger ist, wie sie "Harsomtus" erklären, ein Name der ständig in den Texten zu den Objekten auftaucht:
"Neben 'Ihi' (dem Leuchtkörper?) wird auch 'Harsomtus' als 'Sohn der Hathor' genannt, oft mit dem Horus gleichgesetzt. ... Diese 'Gottheit' ist auf den Dendera-Reliefs als jene 'Schlange' dargestellt, die Dipl.-Ing. Garn, unser Elektroexperte, für eine 'elektrische Entladung' hält. Harsomtus als Identifikation für die Leuchtkraft in der Glasbirne unseres Modells (Ihi?)
[...]
in diesem Absatz erfährt man, daß der 'lebende Ba' (Harsomtus = Schlange = elektrische Entladung) noch nicht sichtbar ist, sich also offenbar noch im Lotos verborgen hält. ...
'Harsomtus' (die Leuchterscheinung) wird hier als 'das Kind' bezeichnet. Ein offensichtlicher Hinweis darauf, daß die 'Schlange' ihre volle Leuchtkraft noch nicht erlangt hat. ... Er wird außerdem als 'schöne Kind der Goldenen' tituliert. Wie bereits erwähnt, wird 'Schönheit' mit 'Strahlung' gleichgesetzt. Harsomtus gilt aber ebenso als 'Herr des Musizierens'. Möglicherweise eine Anspielung auf bestimmte Geräusche, die mit der Leuchterscheinung in Verbindung gebracht werden könnten: z.B. 'Rasseln' oder 'Zischen'."[8]
Naja, Harsomtus wäre sicherlich verärgert über die Degradierung zu einer "Leuchterscheinung", ist er doch ein waschechter Sonnengott. Er ist gleich dem Sonnenkind Nefertem, ein Schöpfer- und Urgott, und gleich der aufgehenden Sonne. Zudem ist auch er mit "Worten zu sprechen" dran, er spricht also selbst, es wird nicht über ihn gesprochen. Und daß eine Leuchterscheinung oder Plasmaentladung spricht, ist mir ehrlich gesagt nicht geläufig (jaja, ich weiß, es gibt Plasma-Hochtöner).
Kommen wir nun noch zu weiteren Nebensächlichkeiten, die mir an der Lampenerklärung so auffielen. Krassa/Habeck regen sich, wie viele andere Autoren aus der PS, über die ständige Deutung irgendwelcher Dinge als "Symbol" für irgendetwas durch "die Wissenschaft" auf. Verabscheuenswert. Die PS ist da viel klarer, da gibt es nur eindeutige technische Interpretationen - bis auf die, die auch bei Krassa/Habeck auf einmal als "Symbol" für irgendetwas auftauchen. Staun!
Ja, als Symbol. Zum Beispiel die Schlange. Die Leuchterscheinung bei Garn ist entweder auf die Ärmchen beschränkt, oder füllt den ganzen Leuchtkörper aus. Da eine Schlange als dauerhafte Leuchterscheinung nicht auftaucht - wird sie plötzlich zum "Symbol" für die elektrische Entladung bei Zündung der Lampe. Aber es geht weiter, denn auch alle anderen Figuren auf den Reliefs mutieren plötzlich zu "Symbolen" - der einzige Weg, diese lästigen Randerscheinungen wegzuinterpretieren.
Die beiden sich gegenübersitzenden Personen mutieren zum Symbol für Wechselstrom, die weibliche Person vor ihnen wird zum "Symbol" für elektrische Spannung, die Figur mit den Messern, die Krassa/Habeck noch wenige Seiten zuvor korrekt als Schutzgott Upu identifizierten[9] (wenn auch mit einer recht dummen Interpretation) wandelt sich nur wenige Seiten später[10]zu "Thot, dem Lichtbringer". Von einem "Symbol für Hochspannung" zu einem "Symbol für Licht". Damit ist fast alles auf dem Relief inzwischen ein Symbol. Und ich kann ihnen verraten, daß die Ägyptologie da mit weit weniger Symbolen auskommt :-)
Auch hier ist die Lampenthese wenig überzeugend, da sie nicht weniger, sondern MEHR "Symbole" auffahren muss, um die Abbildungen hinreichend zu erklären. Was ist auf einmal aus der Abscheu vor Symbolen geworden? Sind einige "gleicher" als andere?
Spannend. Das Spiel mit dem Zurechtschnippeln der "Beweise" hat man ja schon häufig gesehen, bei den Autoren hätte ich einen so billigen Trick nicht vermutet. Sie haben es doch überhaupt nicht nötig, die Sache mit der Lampe scheint doch auch so glasklar zu sein. Wirklich?
Anmerkungen: | |
[1] | Die Numerierung entspricht der Skizze in Krassa/Habeck; Das Licht der Pharaonen, Herbig 1992, S. 231 |
[2] | ibd. |
[3] | ibd. S. 239, Hervorhebung durch mich |
[4] |
Ein interessanter Artikel über eine solche Rekonstruktion findet sich im Geo Epoche Nr. 3/2000, S. 165 f |
[5] | Krassa/Habeck S. 204, Waitkus S. 126 |
[6] | Krassa/Habeck S. 204, 205 |
[7] | Bonnet, S. 321 f "Ihi" |
[8] | Krassa/Habeck S. 206 ff |
[9] | ibd. S. 213 |
[10] | ibd. S. 231 |
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