Energiequellen

Fehlenden Ruß als Beleg für mögliche andere Beleuchtungsquellen können wir abhaken, wie wir auf der vorherigen Seite gesehen haben. Wenden wir uns einem zweiten Indiz zu: Der Möglichkeit, daß in antiken Kulturen (und damit eventuell auch in Ägypten) das Prinzip der Elektrizität bekannt war und für praktische Zwecke verwendet wurde.

Bagdad-Batterien

Bagdad-Batterie Schnitt Bagdad-Batterie
Fig. 1 & 2 - schematische Ansicht und Querschnitt einer Bagdad-Batterie

1936 sollte nach einer Überschwemmung bei Bagdad ein Hügel abgetragen werden, um mit ihm neu entstandene Tümpel aufzufüllen. Der Hügel erwies sich als alte Parther-Siedlung, und bei den Arbeiten wurde ein sensationeller Fund gemacht. Im Fundament eines Hauses fand sich eine Tonvase wie oben abgebildet, die ein kompliziertes Innenleben besaß:

Bagdad-Batterie erklärt
Fig. 3 - Erläuterung der Elemente

In der Tonvase befand sich ein Kupferzylinder, der unten mit einem angelöteten Kupferblech geschlossen war. Der Zylinder war mit einem Asphaltstopfen in den Hals der Vase eingelassen. Er selbst hatte wiederum einen Asphaltpropfen, durch den mittig ein Eisenstab hindurch führte, der korrodiert war. Man nahm daher an, daß dieser Zylinder mit einer korrosiven Flüssigkeit gefüllt gewesen ist.
Der herbeigerufene Leiter des Museums in Bagdad, Wilhelm Koenig, kam sofort der Gedanke, hier eine Batterie vor sich zu haben. Sie habe zur Galvanisierung gedient, meinte Koenig, denn etliche Funde und Schriften zeugten davon, daß die Parther die Beschichtung von Kupfer mit Gold durch Goldcyanid kannten - ohne elektrischen Strom. Durch Verwendung einer rekonstruierten Batterie vervierfachte sich die Galvanisierungsgeschwindigkeit.
Später wurden noch mehr Töpfe ähnlicher Konstruktion in dieser und anderen Siedlungen gefunden. Nun wissen wir, daß die Ägypter bereits in vordynastischer Zeit, lange vor den Pyramiden, Handelskontakte zu Mesopotamien hatten. Wenn dort also das Prinzip der Elektrizität bekannt gewesen ist, kann es über derartige Kontakte natürlich auch nach Ägypten gelangt sein. Damit wäre zumindest ein Teil der These untermauert.

Tja, wenn da nicht der Zeithorizont wäre. Dieser wirkt sich oft vernichtend auf PS-Ideen aus, so auch hier. Die Parther existierten nämlich nur zwischen 250 v. Chr. bis 225 n. Chr., also mehr als 2000 Jahre NACH dem ägyptischen Pyramidenbau. Ja, die Gründung des Partherreichs erfolgte sogar erst 120 Jahre NACH dem Ende des pharaonischen Ägyptens (welches man gewöhnlicherweise mit der Eroberung Ägyptens durch Alexander den Großen 332 v. Chr. abschließt).
Also, selbst WENN die Parther elektrischen Strom kannten und verwendeten, sind die Auswirkungen auf das pharaonische Ägypten gleich Null.
In der Tat stammen alle Gefäße mit gleichartigen Funden aus der Zeitspanne zwischen der späten Seleukidenzeit (um 300 v. Chr.) bis zum Spätmittelalter (um 1200 n. Chr.). Der Bagdad-Fund selbst dürfte aus der Zeit um Christi Geburt herum stammen.

Batterie = Energie?

Die Anforderungen zwischen einer beschleunigten Galvanisierung und der Energiequelle für elektrische Beleuchtung sind natürlich unterschiedlich. Im ersten Fall reichen geringe Stromstärken und Spannungen, aber nicht so im zweiten Fall. Schon ein kleines Taschenlampenbirnchen benötigt ungefähr ein Watt, um vor sich hin zu glimmen.
Die Leistung einer Batterie ist das Produkt aus Spannung und Stromstärke (Volt x Ampere). Die Spannung ist eine Materialeigenschaften unterschiedlicher Metalle. Stellt man zwei Metallplatten in eine saure Lösung, so wird man zwischen ihnen eine elektrische Spannung messen können, die unabhängig von der Größe der Platten ist und nur von den verwendeten Metallen abhängt. Daher kann man die Metalle in einer sogenannten "elektrochemischen Reihe" anordnen, mit "elektronegativen" Elementen links (die also den "Minuspol" liefern) und elektropositiven Elementen rechts. Die größte Spannung erhält man also, indem man das elektronegativste mit dem elektropositivsten Element kombiniert. Dieses Prinzip ist uns seit rund 200 Jahren bekannt, und bereits seit dieser Zeit kennt man die besten Metallkombinationen für Batterien.
Voltasäule
Fig. 4 - Voltas Säulen
Der Entdecker dieses Prinzips in der Neuzeit war Alessandro Volta, der im Jahre 1800 seine ersten Batterien - die Voltasäule (Bild links) - vorstellte. Sie lieferte 25 Volt und einen recht hohen Strom.
Die im Irak gefundenen Exemplare hingegen sind energietechnisch sehr ungeschickt konstruiert. Einige enthalten nur gleiche Metalle (Kupferstäbe in Kupferzylindern) und können daher bei dieser einfachen Batterieform überhaupt keine Spannung liefern. Und die die es doch können, besitzen die Paarung Kupfer/Eisen, zwei Metalle die auf der Spannungsreihe sehr dicht nebeneinander liegen und die gerade mal 0.74 V Abstand zueinander haben! (E0 Eisen = -0,404 V, E0 Kupfer (Cu2++2e- = +0,337 V)
Schon Volta verwendete für seine allerersten Batterien das Metallpaar Silber und Zink, mit einem Abstand auf der Spannungsreihe von 1,6 Volt. Durch Hintereinanderschaltung vieler dieser Einzelzellen (16 auf der abgebildeten Originalskizze) erreichte er die schon erwähnten 25 Volt Gesamtspannung seiner Batterie.
Vergleicht man Voltas Ergebnis mit den über viele 100 Jahre identisch hergestellten "Batterievasen" kann man zumindest zur Schlussfolgerung kommen, daß das Phänomen "Elektrizität" in der Antike nicht systematisch erforscht wurde, sonst wäre die Technik nicht viele 100 Jahre bei diesem unbefriedigenden Stand stehengeblieben. Aber stetige Forschung wäre die Voraussetzung für die Entwicklung von elektrischen Lampen gewesen...

Ähnlich ineffizient läuft auch der zweite Teil der Batteriekonstruktion ab. Die Stromstärke hängt von der Größe der Oberfläche der verwendeten Elektroden ab. Eine ideale Batterie besitzt als Elektroden daher zwei Metalle mit möglichst hoher Differenz im elektrochemischen Potential, verbunden mit möglichst großen Flächen. Die Voltasäule hat zum Beispiel zwei gleich große Platten (1 Zoll Durchmesser) für jede Einzelzelle, und heute gebräuchliche Zink-Kohlebatterien besitzen als Zentralelektrode einen Aktivkohlestab mit feinen Poren, die ihm eine Gesamtoberfläche in der Größe mehrerer Fußballplätze verleihen.
Die Bagdad-Batterien hingegen bestehen aus Eisenstäben in Kupferzylindern, dies ist die kleinst mögliche denkbare Elektrodenfläche. Auch das belegt, daß das Phänomen Elektrizität" in der Antike kein Forschungsgegenstand war.

Batterie = Licht?

Schon 1995 baute ich eine "Bagdad-Batterie" nach. Mein erster Versuch einer "geschlossenen" Zelle (ich verwendete Essig als Elektrolyt) war ein Reinfall: Die Reaktion kam nach wenigen Minuten zum Stillstand. Grund ist der Sauerstoffverbrauch am positiven Pol, der daher ständig nachgeliefert werden muss.
Nur wenn ich den Deckel, der den Eisenstab hielt, nicht ganz aufsetzte lief die Reaktion weiter. Daher kann die Originalkonstrukton aus Bagdad niemals Strom erzeugt haben!!!

Nachdem ich die Innenzelle an vielen Stellen aufgebohrt hatte, lief die Reaktion stabil. Die Leistung lag im Rahmen des erwarteten: Eine Leerlaufspannung von 0.4-0.5 V und ein maximaler Kurzschlussstrom von 50 mA. Die absolut theoretisch maximale elektrische "Leistung" beträgt demnach 25 Milliwatt - in der Realität aber weit niedriger. Bei Anlegen eines Lastwiederstandes (10 Ohm) brach die Spannung auf rund 0.1 V zusammen!

Für die folgende theoretische Berechnung nehme ich dennoch einfach mal das unmögliche Maximum an. Das bedeutet, daß zum Betrieb einer einzigen 1-Watt-Birne die lächerliche Menge von vierzig Batterien benötigt wird! Da jede Batterie mit Tonvase und Füllung rund 2 Kilogramm wiegt, wöge die ägyptische Taschenlampe ohne Gestell und Verkabelung schlappe 80 Kilogramm!
Ach ja, nach rund 8 Stunden Leistungsabgabe hat sich die der Eisenstab in der Batterie in einen grünen, giftigen Schlamm zersetzt, der entsorgt werden muss. Auch die Lötung zum Deckel hatte sich bei mir zersetzt, so daß der ganze Chemiedreck in den drunter liegenden Auffangbehälter gelaufen war - die umgebende Vase als Giftmüllcontainer?

Für die Beleuchtung der Baustellen mit Batterien bedeutet dies:

All diese Batterien müßten als Schrott oder Abfall irgendwo herumliegen. Die Fundsituation für Batterien in Ägypten ist aber NULL!

Noch eine unwesentliche Einschränkung, die in der PS-Beweiskette übersehen wird (oder wegen mangelnder Recherche schlicht nicht bekannt ist): Eisen wurde in Kleinasien erst ab ungefähr 1600 v. Chr. gewonnen, Ägypten trat sogar erst um 700 v. Chr. in die Eisenzeit ein.
Die "Batterien" besitzen als Zentralelektrode aber einen Eisenstab! Bereits aus diesem Grund ist ein Einsatz dieser Batterien für die Beleuchtung der Pyramidenanlagen, die überwiegend zwischen 2800 und 2600 v. Chr. erbaut wurden, schlicht unmöglich. Auch nach der Entdeckung des Eisens war dies ein kostbares Metall, oft teurer als Gold. Dennoch waren pro "Batterie" rund 10 cm3 Eisen = 79 g (Spez. Gewicht 7,86 g/cm3) notwendig, für die benötigten Batterien also schlappe 9100 Tonnen!Aus dieser Menge an Eisen hätte man 48 Millionen Dolche von der Art der kostbaren Grabbeilage von Tut Anch Amun schmieden können, und doch ist dieser ein einmaliger Einzelfund. Eindeutig eine Diskrepanz, ein offenbar "geheimes" Metall im Überfluß...

Aus diesen Zahlen kann leicht abgeleitet werden, daß der Betrieb elektrischer Lampen mit den sogenannten Bagdad-Batterien schlicht unmöglich gewesen ist. Damit ist ein weiterer Stützpfeiler für die Lampentheorie weggebrochen, denn über die Verwendung irgendwelcher anderer Energiequellen in der Antike ist nichts bekannt.

In der von mir bereits im Pyramidenteil angesprochenen Fernsehsendung "Außerirdische - kehren sie zurück?" von Erich von Däniken stellt dieser aber dennoch in seiner typischen Weise einen Zusammenhang zwischen Bagdad-Batterie und elektrischem Licht her: So versuchte er, dem Zuschauer zu suggerieren, mit den "Bagdad-Batterien" könne man Gasentladungslampen betreiben. Dazu schließt er an einen Bagdad-Nachbau ein Digital-Multimeter an, auf dem eine nicht näher erläuterte Spannung von "0293" angezeigt wird. Das deutliche Brutzelgeräusch beim Anlegen des Kontaktes, zweifellos einkopiert, erweckt im Betrachter den Eindruck, als müsse es sich um eine hohe Spannung handeln. In der Folgeszene präsentiert er einen Dendera-Gasentladungs-Nachbau, und erweckt durch Schnitt, Messgerät und Geräusch den Eindruck, daß das eine mit dem anderen betrieben werden könnte.

Was denn sonst?

De berechtigte Frage lautet: Wozu können sonst Töpfe mit solch komplizierten Innenleben dienen?
Dazu muss ich noch einmal auf den Umstand zurückkommen, daß der Bagdad-Topf eine Ausnahme darstellt, denn viele andere sehen anders aus. In einem fand sich eine ganze Menge einzeln herumliegender Eisenstäbe, die nicht mit dem Deckel verbunden waren, in anderen ragten die Stifte nicht aus dem Asphaltpropf heraus und konnten somit auch nicht als Elektrode gedient haben.
Einen Aufschluss über einen möglichen anderen Zweck bringt der Fundort der Töpfe. Soweit es nachvollzogen werden konnte, wurden alle diese Töpfe in sogenannten Gründungsgruben gefunden, Löchern unter den Ecken der Fundamente von Häusern. Dort wurden aber im mesopotamischen/ägyptischen Raum seit Jahr und Tag Segnungssprüche vergraben. Oft auf Papyrusrollen geschrieben und in versiegelten Gefäßen untergebracht, in Ägypten auch häufig auf Tafeln und Paletten graviert. Die Suche nach den Gründungsgruben war daher eine wesentliche Aufgabe an jeder neuen Grabungsstelle.
Aus Israel kennt man den Brauch, solche Sprüche, aufgewickelt um einen Stab, in Kupferzylindern einzusiegeln. Und in der Tat wurden in einigen der Zylinder Pflanzenfasern gefunden, die von verrottetem Papier oder Papyrus herstammen könnten.
Verbunden mit dem Fakt, daß der Unterbringungsort des Topfes unter dem Fundament eines Hauses eine technische Nutzung ziemlich sicher ausschließt, kann man daher die Deutung als Glücksbringer als recht gesichert betrachten.

Andere Energiequellen?

Selbst wenn einige Objekte als Batterien gedient hätten, wären sie nicht als Energiequelle für Pharaonen-Lightshows geeignet gewesen. Kein Problem, in der Grenzwissenschaft ist man flexibel: "Wenn die Ägypter schon Batterien kannten, werden sie wohl auch andere Stromerzeuger gekannt haben" bekam ich als Einwand auf das Energieproblem zu hören. Davon abgesehen, daß es noch nicht einmal für das Vorkommen von "Bagdad-Batterien" in Ägypten Beweise gibt, ist die Argumentation auch sonst höchstens absurd.
Als Volta mit seinen Säulen experimentierte, war man im Zeitalter der Forschung und des Fortschritts. Jedes Detail, jede Verbesserung wurde publiziert und Hunderte Wissenschaftler um den ganzen Erdball waren mit der Erforschung der Natur beschäftigt und tauschten ihre Ergebnisse in unzähligen Publikationen aus. Dennoch dauerte es geraume Zeit, bis die Induktion entdeckt, und aus dieser zum Schluss der Generator entwickelt wurde. Alle diese Schritte lassen sich anhand ungezählter Veröffentlichungen nachvollziehen.
Aus dem parthischen, babylonischen oder ägyptischen Raum fand man aber bislang keinen einzigen Beleg dafür, daß in irgend einer Weise eine systematische Erforschung der Physik betrieben wurde, die eine zwingende Voraussetzung für die Entwicklung derartiger Technik ist. Ohne diese Kenntnisse kann kein auch noch so gewiefter Bastler "per Zufall" so etwas wie einen Generator erfinden. Dieser Schluss ist daher genauso stichhaltig wie die Begründungskette "Sie kannten Räder, also war ihnen auch der Otto-Motor bekannt".
Solange kein konkreter Fund über die Entwicklung einer solchen Technologie vorliegt, muss daher das zur Verfügung stehen einer solchen Technologie ausgeschlossen werden. Auch wenn Krassa/Habeck in "Das Licht der Pharaonen" den vorher von ihnen gepriesenen Isolator-Djedpfeiler auf einmal zum Generator umstricken. In dem "mit Heißluft und Staub" auf nicht näher geklärte Weise auf einmal Strom erzeugt werden soll.

Damit hat sich die nächste Kernbehauptung der Lampenthese verabschiedet. Mit der einzig bekannten eventuellen Energiequelle lassen sich keine elektrischen Lampen im benötigten Dauereinsatz betreiben, und somit konnten sie nicht zur Errichtung oder Dekoration der Grabanlagen verwendet worden sein. Damit bleiben nur Öllampen, und wenn die eben nicht so stark rußen wie behauptet ist dieser Zweig der "Alltagstechnik" endgültig tot. Und damit auch ein weiterer "Beweis aus Notwendigkeit"
Bleibt daher noch die von einigen Autoren als Ausweichziel vorgetragene "Kult"-Benutzung. Wo Pharao sein Volk beeindruckte, indem er an hohen Feiertagen das Licht der Götter präsentierte.
Hm, eigentlich regen sich LC und PS-Anhänger gleichermaßen darüber auf, wenn Archäologen mal wieder eine kultische Handlung definieren, aber wenn zwei dasselbe machen, ist es offenkundig doch nicht immer dasselbe :-)

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Alle Bilder und Texte © Frank Dörnenburg