Mit dem Wissen der vorherigen Seite kann man nun den Zeitbedarf für einen Rampentransport abschätzen.
In Experimenten konnte ich mit 500 N Zugkraft problemlos fast normales Fußgängertempo einhalten. Das sind rund 50 Meter pro Minute. Um auf der sicheren Seite zu bleiben, gewähre ich den Ägyptern weniger als die Hälfte dieses Tempos, 20 Meter pro Minute.
Die Transportstrecke ist variabel und kann in mehrere Bereiche eingeteilt werden. Der Hauptsteinbruch, aus dem über 90% des Pyramidenmaterials stammt, lag zum Beispiel 400 m südlich der Cheopspyramide. Auch die Verkleidungsblöcke aus Tura sowie die Granitplatten aus Assuan wurden im Hafen am Ende des Steinbruchs angeliefert. Die 400 Meter sind eine feste Wegstrecke.
Dann gibt es da die Wegstrecke die Rampe empor. Machen wir uns im Moment über die Ausführung der Rampe noch keine Gedanken. Ich setze sie der Einfachheit halber seitlich an der Pyramide an, mit Abknickern um die Ecken. Diese Wegstrecke verlängert sich pro Höhenmeter um 12 Meter.
Die letzte Teilstrecke ist der Weg auf der Pyramide selbst, von der Rampe zum Einbauort. Dieser entspricht im Mittel der halben Diagonalen (1/2 sqrt(2) * aktuelle Seitenlänge) über die entsprechende Arbeitsfläche.
Daraus kann man jetzt die Turn-around-Zeit eines Transportteams berechnen. Schauen wir uns dafür einige ausgewählte Ebenen an:
muss nichts gehoben werden. Die Weglänge beträgt 400 m Steinbruchweg plus 162 m halbe Baudiagonale = 562 m. Diese Strecke wird einmal unter Last (hin) und einmal ohne Last (zurück) zurückgelegt. Unter Last schaffen die Arbeiter 20 m pro Minute, leer 50 m pro Minute. Das Auf- und Abladen des Steins dauert mit Hebeln nur wenige Augenblicke. Der gesamte Transportzyklus dauert also rund 40 Minuten.
In dieser Höhe ist der Rampenweg (12 x 50) = 600 m lang. Die Arbeitsebene hat eine Breite von 151 Metern, die halbe Diagonale geht also mit weiteren 107 Metern in die Rechnung ein. Die Gesamtstrecke beträgt also 1107 Meter, der Transportzyklus dauert 77 1/2 Minuten.
In dieser Höhe sind bereits mehr als 2/3 des Gesamtmaterials verarbeitet! Der Rampenweg ist 876 Meter lang, die Ebenenbreite in dieser Höhe beträgt 115 Meter, die halbe Diagonale 81 Meter. Die Gesamt-Transportstrecke in dieser Höhe liegt bei rund 1360 Metern. Der Transportzyklus dauert 95 Minuten.
bedeutet, daß praktisch 99% des Pyramidenvolumens verbaut wurden. Der Reststumpf von 20 m Höhe enthält noch 6600 Kubikmeter, oder 0,3% des Volumens der Cheopspyramide! Die Rampenlänge in dieser Höhe liegt bei 1440 Metern, die Diagonale fällt mit knapp 15 Metern praktisch nicht mehr ins Gewicht. Der Transportzyklus dauert 129 Minuten.
Aus diesen Zahlen können wir die möglichen Transportmengen in den unterschiedlichen Höhen berechnen Ebenerdig können von einem Transportteam locker 10 Blöcke pro Tag herbeigeschafft werden. Und selbst an der Spitze waren noch 3-4 pro Tag möglich.
17 Mann reichen zwar für einen Schlitten, aber gehen wir lieber auf Nummer Sicher und nehmen 20 Arbeiter pro Schlitten. Wüssten wir jetzt die Anzahl der verwendeten Transportarbeiter, kann man die Transportmenge pro Tag ermitteln.
Aus inzwischen gefundenen Aufzeichnungen aus den Arbeitergräbern ist die Einteilung in Kolonnen, nicht aber deren Stärke bekannt. Verwendet man für diese Schätzung Daten, die aus dem mittleren Reich erhalten sind, kann man auf eine Transportgruppe von 5000-6000 Arbeitern schließen. Dies passt übrigens recht gut zu den Wohnquartieren in den Arbeitersiedlungen der Cheops- und Chefrenpyramide, die in den letzten Jahren ausgegraben wurden.
Gehen wir von 5500 Transportarbeitern aus, und von 20 Arbeitern pro Schleppkolonne, landen wir also bei 275 Zugteams. Dies konnten nominell folgende Steinmengen befördern:
Die Cheopspyramide enthält rund 2.3 Millionen Steinblöcke. Sie wurde laut Ägyptologen in rund 20 Jahren errichtet. Demnach waren pro Tag rund 320 Steine nötig. Erich von Däniken gesteht den Pyramidenarbeitern allerlei Feiertage zu und fordert daher eine Transportmenge von 420 Steinen pro Tag. Wie oben zu sehen ist, ist selbst an der Spitze der Pyramide fast die dreifache Transportmenge möglich!
Im gewichteten Durchschnitt ist die mögliche Transportmenge gar 4-5 mal höher als von Däniken fordert!
Auch dies ist ein Argument. Wir haben 275 Transporttrupps, die im Dauereinsatz sind. Davon ist jeweils die Hälfte auf dem Hinweg (Anlieferung), die Hälfte auf dem Rückweg zum Steinbruch. In jeder Richtung sind daher dauerhaft 137 Trupps unterwegs, die sich den Rampenweg irgendwie teilen müssen. Wie sieht es mit den Abständen aus? Ebenerdig tummeln sich 137 Trupps auf 562 Metern. Alle 4 Meter ein Trupp! Nun, nicht ganz. In den unteren Lagen dürften viele kleine Ramplets an die Pyramide gebaut worden sein, die einen Zugang dieser besonders arbeitsintensiven Ebenen von allen Seiten aus gewährleisteten.
In 50 m Höhe sieht die Angelegenheit schon anders aus: Der Weg ist bereits über 1100 Meter lang, so daß alle 8 Meter ein Trupp kommen müßte, um mit der theoretischen Höchstmenge Steine zu befördern. Auf halber Höhe hätte sich dies bereits auf 10 Meter Abstand vergrößert.
Allerdings haben wir ja gesehen, daß nur 1/3 bis 1/4 der theoretischen Höchst-Transportmenge nötig war. Dies bedeutet eine Reduzierung der gleichzeitig eingesetzten Transporttrupps auf 40-50 (der Rest macht zum Beispiel Pause). Dies bedeutet einen Abstand von 30-40 Metern zwischen zwei Transportgruppen, und sollte kein Problem darstellen. Übrigens: Erich von Däniken fordert "Alle 2 Minuten ein Stein". Bei 20 Metern pro Minute Transportgeschwindigkeit bedeutet dies... 40 Meter Abstand zwischen zwei Transportkolonnen!
Kommen wir zum letzten Punkt für den Moment: Wie wirken sich Transportunfälle aus? Was passiert bei einem gerissenen Seil, und welcher Schaden kann ein die Rampe herunterpolternder Stein hervorrufen?
Es wird sie verblüffen, aber Transportunfälle kann es praktisch nicht geben. Auf der Physikseite wurde die Reibung und der Hangabtrieb eines beladenen Transportschlittens berechnet. Wie Sie Sich erinnern, war die Reibung erheblich (ca. 3 mal) höher als der Hangabtrieb. Solange dies der Fall ist, kann ein Stein sich nicht selbständig in Bewegung setzen, und selbst ein mutwillig talwärts geschobener Schlitten kommt unmittelbar nach dem Loslassen zum Stillstand. Dies bedeutet, daß ein Seilriss nichts bewirkt - der Schlitten bleibt einfach stehen. Und auch müde werdende Arbeiter sind kein Problem: Schlitten abstellen, das wär's.
Die Rampe soll eine Neigung von 5 Grad haben. Um einen Stein dort "rollen" zu lassen, muss er um über 40 Grad gekippt werden. Das ist gleichbedeutend damit, rund 1250 Kilogramm um über 50 Zentimeter anzuheben und kann nur vorsätzlich in kombinierter Arbeit geschehen. Aber auch dies würde nichts nützen, der Stein käme bei der geringen Neigung nach einer Viertelumdrehung zur Ruhe.
Die einzige Unfallmöglichkeit wäre, wenn der Schlitten seitlich von der Rampe kippt. Bei einer Rampe, die sich um die Pyramide wickelt, würde ich allerdings die beladenen Schlitten auf der Innenseite, und die leeren an der Außenseite entlang laufen lassen. Damit hätte sich das Problem auch erledigt.
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